Karliczek verteidigt ihren Heimat-Standort

von Redaktion

Abgeordnete streiten über das Batterie-Zentrum – Scheuer verspricht mehr Transparenz bei Maut

Berlin – Doppel-Verhör in der Sommerpause: In Sondersitzungen von zwei Bundestagsausschüssen sahen sich die Minister Andreas Scheuer (CSU) und Anja Karliczek (CDU) am Mittwoch der Forderung nach mehr Transparenz ausgesetzt. Scheuer ist wegen des Maut-Debakels und drohender Schadenersatzforderungen in der Defensive, Karliczek wegen der Entscheidung, ein Forschungsprojekt für eine halbe Milliarde Euro in ihre Heimat Münster zu vergeben.

Scheuer kündigte unter dem Druck der Opposition an, weitere Unterlagen offenzulegen. Er wolle auf alle Fragen zur Pkw-Maut „mit maximal möglicher Transparenz“ eingehen. Er könne die Anforderungen der Opposition „vollumfänglich“ erfüllen, sagte Scheuer. „Wir haben nichts zu verbergen.“ 21 Ordner sind es nach Angaben seines Ministeriums im nächsten Schritt. FDP, Linke und Grüne verlangen, dass Scheuer weitaus mehr Unterlagen zur Maut freigibt – „vollständig und ungeschwärzt“.

Im Zentrum steht, was das Maut-Debakel die Steuerzahler kostet und warum die Aufträge zur Maut vergeben worden waren, bevor der Europäische Gerichtshof (EuGH) für Rechtsklarheit sorgte. Nach dem Stopp der Maut durch den Gerichtshof im Juni hatte das Ministerium die Verträge mit den Betreibern gekündigt. Es könnten sich nun Schadenersatz-Ansprüche der Unternehmen ergeben. FDP, Linke und Grüne hatten mit einem Untersuchungsausschuss gedroht.

Fast zeitgleich im Forschungsausschuss musste sich Bundesbildungsministerin Karliczek gegen den Vorwurf der Mauschelei wehren. Sie verteidigte die Auswahl ihrer Heimat Münster als Standort für eine Batteriezellfabrik. Sie habe auf das Auswahlverfahren und die Standortentscheidung „keinen Einfluss genommen“, sagte sie laut Teilnehmern.

Die geplante Anlage soll leistungsfähige Speichertechnologien erforschen, die für die Energie- und der Autoindustrie wichtig werden. Das Forschungsministerium hatte Ende Juni bekannt gegeben, dass sich das westfälische Münster durchgesetzt habe. Unter anderem hatten Bayern und Baden-Württemberg Ulm favorisiert.

Karliczek konterte, gemeinsam mit der Fraunhofer-Gesellschaft als Bauherrin und Betreiberin der Forschungsfabrik habe ihr Ministerium eine Gründungskommission aus Unternehmensvertretern einberufen, um die potenziellen Standorte zu bewerten. Die Kommission habe das Bewerberfeld auf vier geeignete Orte eingeengt, jedoch keinen bestimmten empfohlen und auch keine Rangliste erstellt.

Danach seien noch einmal drei differenzierte Kriterien angelegt worden. Bei allen drei Aspekten sei Münster „führend“ gewesen, betonte Karliczek. Auch das Wirtschaftsministerium habe sich dafür ausgesprochen. Dem gegenüber steht eine Schilderung des „Tagesspiegel“. Die Zeitung zitiert aus einem Schreiben der Expertenkommission, in dem sich mehrere Mitglieder im Juni klar für Ulm positionieren. Das hebe sich „besonders positiv ab“.

Aus der CSU-Landesgruppe kamen vorsichtige Entspannungssignale. Die Staatsregierung ist hoch verärgert über Karliczek. Der Münchner Bundestagsabgeordnete Wolfgang Stefinger sagte unserer Zeitung hingegen, die Ministerin habe den „Entscheidungsprozess transparent und überzeugend dargelegt“. Auch die CDU stellte sich hinter ihre Ministerin. Der FDP-Politiker Mario Brandenburg rügte hingegen, mehr Licht ins Dunkel habe der Auftritt nicht gebracht. Es gebe „undurchsichtige Prozesse und fehlenden Führungsanspruch der Ministerin“.  dpa/afp/cd

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