GEORG ANASTASIADIS
Wer darauf gewettet hat, dass spätestens mit dem Ende der Ära Draghi auch der Nullzins verschwindet, hat sich verspekuliert. Im Gegenteil: Aus dem Nullzins werden jetzt auch für ganz normale Sparer immer öfter Strafzinsen – und das wird sich auch unter der künftigen EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf Jahre hinaus nicht ändern. Wie auch: Billiges Geld ist der Stoff, an dem die Schuldenstaaten der Eurozone hängen wie Süchtige an der Nadel. Das gilt auch für die dümpelnde Wirtschaft. Und nichts deutet derzeit auf eine konjunkturelle Stabilisierung hin – im Gegenteil.
Natürlich ist das eine Form von Betrug am Sparer: Die Schuldner, allen voran die Finanzminister, sanieren ihre Haushalte auf Kosten der kleinen Leute, denen zunehmend die Möglichkeit geraubt wird, einigermaßen risikoarm für ihr Alter vorsorgen können. Die Sparer sind nicht die einzigen, die sich vom Staat verschaukelt fühlen: Sie teilen ihr Schicksal mit den Dieselfahrern, denen von den Herstellern saubere Autos versprochen wurden, und mit Wählern, die so dumm waren zu glauben, mit ihrer Stimme Manfred Weber ins Amt helfen zu können. Aber anders als jene könn(t)en sich Sparer immerhin gegen die Abzocke wehren, indem sie sich mit einem überschaubaren Teil ihrer Mittel direkt oder über Fonds am Erfolg der Unternehmen beteiligen. Deutsche Konzerne fahren riesige Gewinne ein, doch die Profite streichen überwiegend angelsächsische Aktionäre ein. Die Abneigung deutscher Sparer gegen Aktien verhindert eine nennenswerte Vermögensbildung breiter Bevölkerungsschichten.
Alles Schimpfen hilft nicht: Minuszinsen sind eine Realität, der sich die Sparer stellen müssen. Je früher, desto besser.
Georg.Anastasiadis@ovb.net