Er meint es offenbar bitterernst – und die Nervosität wächst: Eine Woche nachdem Boris Johnson die Macht bei den Torys übernommen hat, sind all jene ernüchtert, die auf eine überraschende Kehrtwende des neuen Premierministers gehofft hatten. Johnson hat ein klares Brexit-Kabinett berufen und den Ton gegenüber Brüssel nochmals verschärft. Am 31. Oktober, so die Ansage, folgt der britische Austritt aus der EU – ob mit oder ohne Deal. Kein Wunder, dass das Pfund in den Keller stürzt und die heimische Wirtschaft eindringlich mahnt.
Vieles deutet darauf hin, dass Johnson auf baldige Neuwahlen hinarbeitet, obwohl seine Partei bei der EU-Wahl abgestürzt war. Die Strategie: Mit der harten Brexit-Linie will er zu Nigel Farage übergelaufene EU-Skeptiker zurückholen – und auch bei Labour wildern. Die Ansage: Nach dem ewigen Hin und Her, mit dem sich die politische Klasse blamierte, gibt es wieder einen klaren Kurs.
Das ist ein bisschen Kamikaze, aber nicht ganz aussichtslos. Johnson setzt den EU-Staaten das Messer an die Brust und hofft darauf, dass die Einheit am Ende bröckelt. Vielleicht ist dem ein oder anderen Land die eigene Wirtschaft wichtiger als die inner-irische Grenze. So oder so: Johnsons Strategie birgt große Risiken. Für beide Seiten.
Mike.Schier@ovb.net