Heute kommt Bayerns Kabinett zusammen, um eigene Schritte im Klimaschutz zu beraten: mehr Windkraft auf Staatsflächen, gelockerte Regeln für neue Fotovoltaik-Anlagen. Ergrünt die Regierung – oder kopiert sie nur halbherzig Vorschläge der Opposition? Wir fragen Ludwig Hartmann, den Fraktionschef der Grünen im Landtag.
Markus Söder legt ein Klimakonzept vor. Stellen die Grünen jetzt doch den Bayerischen Ministerpräsidenten?
Nein. Aber wir haben die letzten Jahre immer schon konkrete Ideen für den Klimaschutz ins Schaufenster gelegt und den Ladenschlüssel an der Tür stecken lassen. Da durfte sich jeder bedienen.
Was sind Ihre konkreten Anforderungen an ein bayerisches Klimagesetz?
Dass die Staatsregierung sich nicht nur die leichten Bausteine rauspickt, sondern welche, die den großen Wurf bringen können. Zum Handwerk gehört nicht nur Klappern, sondern auch Machen: eine echte CO2-Bepreisung, eine echte Mobilitätswende mit der Stärkung von Bus und Bahn im ländlichen Raum. Und eine Wende beim Münchner Flughafen, einer Staatsbeteiligung: Da muss die Praxis enden, mit zweistelligen Millionensummen neue Flugverbindungen nach Bayern zu locken.
Söder will die Beschränkungen für Fotovoltaik stark lockern. Wäre das ein richtiger Schritt?
Ja, völlig richtig. Das haben wir mehrfach gefordert, auch auf Bundesebene. Wir sollten aber nicht nur an Sonne, sondern auch an Windkraft denken. Da hat Bayern als größtes Flächenland gewaltigen Nachholbedarf. Söders Windkraft-Verhinderungsgesetz, das „10H“-Abstandsgesetz, muss dringend gestrichen werden. Unser Ziel müssen in Bayern 150 neue Anlagen pro Jahr sein.
Genau das will die CSU eben nicht – weil es neue Bürgerkonflikte gäbe.
Aber genau diesen Debatten müssen wir uns jetzt stellen! Wir sind die erste Generation, die die Folgen der Erdüberhitzung zu spüren bekommt. Und wir werden die letzte sein, die noch rechtzeitig etwas dagegen tun kann. Es ist die Aufgabe unserer Generation, jetzt das Ruder mutig herumzureißen. Ich bin mir sicher: Unsere Kinder werden uns nicht eines Tages vorwerfen, wir hätten zu viele Windkraftanlagen gebaut – sie werden uns verzweifelt in die Augen schauen und uns fragen, warum wir nicht genügend getan haben.
Söder will laut „SZ“ E-Roller für die Behörden kaufen. Rettet das die Welt?
Das ist ein ganz kleiner Baustein einer Mobilitätswende. Es schadet nicht, zeigt aber: Markus Söder denkt nicht groß, sondern nur klein und geht den Weg des geringsten Widerstands. Groß wäre, bei allen zweispurigen Straßen in der Stadt eine Spur für Zweiräder abzutrennen. Da haben dann Räder, E-Bikes und Scooter Platz.
Tragen Sie diesmal einen erneuten Anlauf mit, Klimaschutz in die Verfassung aufzunehmen?
Wir haben im Frühjahr klar gesagt: Wenn Klimaschutz konkret wird mit einem Gesetz mit weitreichenden Maßnahmen, dann tragen wir eine Verfassungsänderung als i-Tüpferl mit. Dazu stehen wir weiter. Aber bis dahin ist noch viel zu tun. Beispiel Gebäudesanierung: Söder spricht davon, den Bestand energetisch zu sanieren. Gleichzeitig hat seine Staatsregierung die Mittel gerade in diesem Bereich zusammengestrichen. Solche Fehler kann er im Zuge eines Nachtragshaushalts korrigieren. Wenn so etwas geschieht, spricht nichts dagegen, dass auch wir Grüne einer Verfassungsänderung zustimmen.
Interview: Chr. Deutschländer