Die neuen Klimakonzepte der Parteien, vor allem der Union, wirken wie ein Überbietungswettbewerb. Zum Glück sind sie es nicht. Bei Licht betrachtet, legt auch die CSU keine extremen Vorschläge vor. Günstigere Bahn, teure Inlandsflüge, CO2-Aufschlag auf die Kfz-Steuer: Das sind moderate Eingriffe, die unser Leben nicht auf den Kopf stellen, sondern Klimaschutz einbetten in das Koordinatensystem aus (unter anderem) Wohlstand und Eigenverantwortung. Markus Söder tut nur so, als wären das die weitreichendsten Öko-Konzepte, und lässt sich bestimmt bald mit Bienenvölkern oder E-Rollern fotografieren.
Vielen wird das nicht weit genug gehen. Für die Greta-Entrüsteten sind solche Pläne sogar eine nackte Provokation. Politisch gehen CDU und CSU damit aber den besseren Weg. Strategisches Ziel ist ja nicht, dass Grüne plötzlich Söder verehren, die bleiben vorerst beim Original. Sondern, dass die Union in ihrer Klientel, gerade in konservativ-schöpfungsbewahrenden Kreisen, zeigt, dass sie den Ernst des Klimawandels und das gewachsene ökologische Bewusstsein verstanden hat (wenn auch arg spät).
Natürlich will die CSU mit ihren Alternativ-Ideen auch eine CO2-Steuer aushebeln. Gut so, denn das würde das Land neu spalten. Wer sein eigenes Leben schneller und radikaler auf Klimaschutz umstellen will, darf das ja tun; und niemand sollte darüber lachen. Warum auch? Der Verzicht auf Kaffeebecher, Plastiktüten, unnötige Fahrten ist längst in der Mitte der Gesellschaft als progressiv, nicht schrullig, angekommen, und das sind nur Mini-Beispiele für den einsetzenden Megatrend. Allergisch reagiert ein großer, bisher leiserer Teil der Menschen aber, wenn stimmungsgeleitete Politik zu extreme Eingriffe in unsere Lebensweise verfügt. Einen Mittelweg zu suchen zwischen Klima-Ignoranz und Klima-Hysterie ist kein spektakulärer, aber ein vernünftiger Ansatz.
Christian.Deutschlaender@ovb.net