AfD: Nur das „Sahnehäubchen“ fehlt

von Redaktion

Im Osten haben die Parolen der AfD verfangen. Zumindest bei weit über 20 Prozent der Menschen, die am Sonntag in Sachsen und Brandenburg zur Wahl gegangen sind. Doch ein Trend für Deutschland scheint das nicht zu sein.

VON ANNE CLASMAN UND CHRISTIANE RAATZ

Dresden/Werder – In Brandenburg hat die AfD ihr Ergebnis im Vergleich zur Landtagswahl vor fünf Jahren fast verdoppelt. In Sachsen, wo die AfD 2014 knapp unter zehn Prozent lag, zeigt die Kurve sogar noch steiler nach oben. Bei der AfD reißen sie an diesem schwül-warmen Sonntagabend die Arme hoch und johlen – vor allem in Sachsen, wo die AfD ihr bislang stärkstes Ergebnis bei einer Landtagswahl errungen hat. Doch wenn sie ehrlich sind: Gehofft hatten die Wahlkämpfer der AfD eigentlich auf noch mehr. Das inoffizielle Ziel, stärkste Kraft in mindestens einem Bundesland zu werden, haben sie verpasst. Das wäre „das Sahnehäubchen“ gewesen, räumt der Brandenburger Spitzenkandidat Andreas Kalbitz ein.

Dass die AfD-Torte nun ohne dieses „Sahnehäubchen“ auskommen muss, mag an den Anstrengungen der Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) und Dietmar Woidke (SPD) liegen. Die hatten angesichts der guten Umfrage-Werte für die AfD in den letzten Wahlkampf-Wochen noch einmal richtig Gas gegeben. Es könnte aber auch – vor allem in Brandenburg – mit dem klar rechten Profil des AfD-Landesverbandes zusammenhängen. „Ganz rechts gibt es keine Mehrheiten, die gibt es nur in der konservativen Mitte“, räsoniert ein Mitglied des Bundesvorstandes, das damit an diesem Jubel-Abend aber nicht zitiert werden mag.

Mit federndem Schritt nähert sich am frühen Abend Kalbitz dem Ausflugslokal in Werder an der Havel, das die AfD Brandenburg für ihre Wahlparty angemietet hat. Bevor er den Festsaal betritt, begrüßt er im Garten Parteifreunde. Die meisten von ihnen sind junge Männer in weißen Hemden und Slim-Fit-Jackets. Kalbitz hat ein großes Netzwerk in der Nachwuchsorganisation der Partei (Junge Alternative). Genauso wie im rechtsnationalen „Flügel“ der AfD, zu dessen Führungsfiguren er zählt. Kalbitz zieht da virtuos die Strippen. Der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke ist auch gekommen – er fordert am Abend in seiner Euphorie schon vorgezogene Neuwahlen im Bund. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat den „Flügel“ und die Junge Alternative beide als Verdachtsfall im rechtsextremen Spektrum eingestuft.

Parteichef Alexander Gauland gibt am Wahlabend die Parole aus: „Es gibt nur eine AfD – und die hält zusammen.“ Er sagt: „Der Kampf geht heute erst los.“ Gauland will, dass die AfD als „große bürgerliche Oppositionspartei“ wahrgenommen wird. Doch was ist mit den Radikalen und schrägen Vögeln, die in vielen Landesverbänden immer wieder für Schlagzeilen sorgen? Gauland appelliert an seine Parteikollegen, sich auch „im Siegestaumel ganz vernünftig zu benehmen, so wie es eine bürgerliche Partei tut“.

Die sächsische AfD hat sich im Landtag versammelt, um gemeinsam mit den Journalisten auf die erste Hochrechnung zu warten. Die Sachsen-AfD und ihre Anhänger wollten am Abend auf einem Boot auf der Elbe vor der Dresdner Altstadt alleine feiern – Presse ist dabei nicht zugelassen.

Einer Regierungsbeteiligung ist die AfD an diesem Abend nicht näher gekommen. Es ist ihr aber gelungen, den anderen Parteien ein enges Korsett anzulegen, in dem das Regieren nicht mehr so viel Freude macht. Die Vize der Bundestagsfraktion, Beatrix von Storch, fasst das Dilemma der anderen zusammen: „Ohne uns braucht es Dreier- oder Viererbündnisse, um eine Regierung ohne die AfD zu bilden.“

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