Neben den Mega-Herausforderungen in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik ist die heikelste Aufgabe der neuen Regierung in Rom sicherlich eine Neujustierung in der Migrationspolitik. Die taffe Innenministerin Luciana Lamorgese scheint dabei den richtigen Maßstab anzulegen: Einerseits den Umgang mit den Migranten humaner zu gestalten, als es unter ihrem Vorgänger, Rechtsaußen Matteo Salvini, Usus war. Andererseits aber nicht die Kontrolle zu verlieren und Einbußen an Sicherheit zu riskieren. Eine Politik der offenen Häfen würde nicht nur viele Italiener in die Arme der Rechtsradikalen treiben, sie würde den Flüchtlingen in Afrika auch das Signal aussenden, dass der Weg übers Mittelmeer für Hunderttausende wieder erfolgversprechend und lukrativ für die Banden der Schlepper ist. Das sollte nicht passieren.
Bei dieser Herkulesaufgabe darf Brüssel die Regierung Conte jetzt nicht alleine lassen. Nicht warme Worte zählen, sondern Taten. Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen scheint gewillt, das Dublin-II-System endlich an die Realität anzupassen. Das heißt, nicht die Geografie darf über das Asyl-Schicksal eines Staates entscheiden, sondern ein Solidaritätssystem, das die (demnächst) 27 EU-Mitglieder zwar nicht zur Aufnahme von Flüchtlingen zwingt, sehr wohl aber stattdessen zu finanziellen Beiträgen. Wenn dies neben dem raschen Ausbau der Grenzsicherung durch Frontex nicht endlich gelingt, werden rechte Populisten doch noch triumphieren.
Alexander.Weber@ovb.net