München – Ein Besuch bei der CSU-Klausur kann für eine CDU-Chefin schon mal eine extrem unangenehme Erfahrung sein. Auf dem Höhepunkt des Flüchtlingsstreits wurde Angela Merkel 2016 eisig und mit wütender Kritik von der Landtagsfraktion empfangen – einer von vielen Binnen-Tiefpunkten in der Union. Jetzt reist mal wieder eine CDU-Chefin an: Auf Annegret Kramp-Karrenbauer wartet am Donnerstag ein zumindest höflicher Empfang.
Sie ist einer der Hauptgäste der Klausur in Banz, die von Montag bis Donnerstag dauert. Freilich setzen in der CSU, gerade bei den Abgeordneten, einige keine Hoffnungen auf eine Kanzlerkandidatur der Saarländerin. Schon bei ihrer Wahl zur Parteichefin drückten viele CSUler den Gegenkandidaten Jens Spahn und Friedrich Merz die Daumen. Positiv wird ihr der Kurswechsel in der Migrationspolitik angerechnet. „Es wird sicher eine interessante Diskussion geben“, sagt Fraktionschef Thomas Kreuzer voraus. „Ich glaube, dass sie sehr fair behandelt wird, dass niemand etwas gegen sie hat.“ Man sei neugierig, sie und ihre Grundsätze persönlich kennenzulernen. Kreuzer sagt, er kenne und schätze sie aus den Koalitionsverhandlungen.
In Banz dürfte die CSU ohnehin mehr mit sich selbst beschäftigt sein. Die Abgeordneten kommen aus einer langen Sommerpause, treffen erstmals wieder aufeinander. Gesprächsbedarf gibt es vor allem in der Umweltpolitik. Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder hat in der CSU einen klaren Klimakurs durchgesetzt, vom Vorstand einstimmig gebilligt. Söder und Kreuzer müssen nun bei den selbstbewussten Landtagsabgeordneten den Eindruck verhindern, sie stünden nach der Rückkehr aus dem Urlaub vor vollendeten Tatsachen. Manchen CSUlern ging das schon in der ersten Jahreshälfte so bei der plötzlichen Übernahme des Artenschutz-Volksbegehrens. Andere haben grundlegende Bedenken beim Klima-Kurs, etwa Ex-Minister Franz Pschierer (siehe auch Seite 4).
Kreuzer betont, der Klimaschutz werde keinesfalls der Wirtschaft schaden. „Es muss sich alles daran messen, dass wir uns nicht deindustrialisieren“, sagt er. „Wir wollen die Klimaziele auch in Bayern erreichen, aber so, dass es ein wirtschaftlicher Erfolg wird. Man kann nicht die ganze Welt nur aus der CO2-Brille betrachten.“ Größere Differenzen zu Söders Konzept gebe es nicht, stellt Kreuzer klar. Söder selbst hat am Mittwoch ein 90-Minuten-Zeitfenster für eine Grundsatzrede. Ökologie wird – neben der geplanten Hightech-Offensive – ein Schwerpunkt. Hilfreich für ihn wird in der Debatte mit der Fraktion, dass die CSU sich in der Union mit dem klaren Nein zu einer CO2-Steuer durchgesetzt hat.
Bayerische Einzelmaßnahmen und das Klimaschutzgesetz werden in Banz noch nicht fixiert. In der Staatsregierung kursiert eine Ideensammlung, über 100 Punkte, zusammengeführt im Umweltministerium des Freien Wählers Thorsten Glauber. Kreuzer sagt: „Wir werden wie Herr Glauber auch alle Vorschläge auf Effizienz und Machbarkeit prüfen. Mir geht es darum: Sind die Maßnahmen geeignet, wirken sie schnell – und besteht die Chance sie umzusetzen und zu finanzieren?“
Resolutionen legt die Fraktion zur Kommunalwahl vor, zur Wirtschaftspolitik und zum Klimaschutz. Wem die Sache mit dem Einklang von Ökologie und Ökonomie bekannt vorkommt: Das war in Banz schon im Januar 2018 Kernsatz eines CSU-Papiers: „Fortschritt darf dauerhaft weder zu Lasten der Menschen noch zu Lasten der Natur gehen.“ C. DEUTSCHLÄNDER