Berlin – Die Konzepte liegen auf dem Tisch, nun stehen Entscheidungen an – von großer Tragweite. Deutschland hinkt beim Klimaschutz den Ankündigungen und den EU-Pflichten hinterher. Um das zu ändern, will die GroKo das Geflecht von Steuern und Abgaben umbauen und Milliarden an Fördergeldern und Steuer-Boni verteilen. Am 20. September legt das Klimakabinett ein Gesamtpaket vor.
In vielem sind die Koalitionspartner schon einig oder schrauben nur noch an Details: Die Bahn wollen sie über eine geringere Mehrwertsteuer für Tickets im Fernverkehr günstiger machen, den öffentlichen Personennahverkehr ausbauen. Wer in neue Fenster, Dach oder Heizung investieren und sein Haus damit klimafreundlicher machen will, darf sich auf einen Steuernachlass und eine Abwrackprämie für Ölheizungen freuen. Auch die Elektromobilität soll ausgebaut werden.
An anderen Stellen gibt es noch keine Einigung:
CO2-Preis: Alle Förderprogramme werden nicht ausreichen, um wie geplant bis 2030 den CO2-Ausstoß um 55 Prozent zu senken im Vergleich zu 1990. Deshalb sollen Diesel, Benzin und Heizen mit Öl und Erdgas teurer werden. Union und SPD sind sich einig, dass die Bürger an anderer Stelle entlastet werden sollen. Aber wie?
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) warb für einen CO2-Preis über eine Erhöhung der Energiesteuern. Dafür zeichnet sich aber keine Mehrheit ab. Die Union setzt auf einen anderen Weg: Fossile Kraft- und Heizstoffe sollen über einen nationalen Handel mit Verschmutzungsrechten auch im Verkehr und bei Gebäuden verteuert werden. Die SPD zeigt Kompromissbereitschaft, wenn im Handel eine Ober- und Untergrenze für den Preis eingezogen wird. Das will auch die Union. Details sind offen.
Finanzierung: Die Kosten der Vorschläge summieren sich auf Dutzende Milliarden Euro. Unklar ist, wie sich die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung entwickeln. Woher also soll das Geld kommen? Bisher hält die Koalition an der „schwarzen Null“ fest. Im Energie- und Klimafonds liegen ein paar Milliarden, das wird aber nicht reichen. In Konzepten von Union und SPD ist deswegen die Rede davon, die Bürger anzupumpen. Das Prinzip: Der Staat gibt fest verzinste Anleihen heraus, um privates Kapital zu mobilisieren. Nur wären dies am Ende auch Schulden des Staates – der sich derzeit angesichts extrem niedriger Zinsen am Kapitalmarkt günstigeres Geld besorgen könnte.
Ökostrom-Ausbau: Ziel der Koalition ist es, bis 2030 den Ökostrom-Anteil auf 65 Prozent zu steigern – gerade sind es etwa 38 Prozent. 2022 geht das letzte Atomkraftwerk vom Netz, 2038 soll spätestens Schluss sein mit dem Strom aus Kohle. Aber wie und wo genau mehr Solaranlagen und Windräder entstehen sollen, ist umstritten. Flugverkehr: Die CDU will die Ticketsteuer bei Inlandsflügen für mehr Klimaschutz verdoppeln – für Kurzstrecken unter 400 Kilometern sogar verdreifachen. Das geht aus einem Beschlussentwurf für die Sitzung des CDU-Vorstands am Montag hervor. Die Luftverkehrsteuer war 2011 zur Etatsanierung eingeführt worden. Fällig wird sie für Starts von deutschen Flughäfen, gestaffelt nach der Entfernung: Im Inland und in EU-Staaten 7,38 Euro pro Passagier. Bei längeren Flügen mit bis zu 6000 Kilometern sind es 23,05, bei noch weiteren Strecken 41,49 Euro. Pendlerpauschale: Die Union schlägt vor, die Pauschale zu erhöhen. Wer Bahn oder ein ein besonders emissionsarmes Fahrzeug fährt, soll sogar 20 Prozent Aufschlag bekommen. Die KfZ-Steuer soll stärker am CO2-Ausstoß bemessen werden.