Die evangelische Kirche will sich mit einem eigenen Schiff an der Seenotrettung im Mittelmeer beteiligen. Das ist ein starkes und wichtiges Signal – besonders in einer Zeit, in der sich Ehrenamtliche rechtfertigen oder sogar beschimpfen lassen müssen, weil sie etwas tun, was eine humanitäre Pflicht ist: Menschen in Notsituationen das Leben retten. Es ist nicht christlich, Flüchtlinge ertrinken zu lassen – so einfach ist die Begründung, warum sich die Kirche nur so verhalten kann, wenn sie glaubwürdig sein will.
Solange Europa wegsieht, ist Seenotrettung alternativlos. Menschen, die Monate oder sogar Jahre auf der Flucht sind, drehen an der libyschen Küste nicht um, weil weniger Rettungsschiffe unterwegs sind – schon gar nicht, wenn sie mit der Flucht über das Meer der Folter und dem Tod in den libyschen Lagern entkommen. Die EU muss außerdem endlich ein faires Verteilsystem schaffen, das die unzeitgemäße Dublin-Regelung ersetzt. Dass Menschen vor dem Ertrinken gerettet werden, bedeutet nicht, dass sie automatisch Asyl bekommen. Es geht allein um Humanität. Für Europa ist es ein Armutszeugnis, dass mehr darüber diskutiert wird, ob Seenotrettung ein Verbrechen ist, als darüber, wie das Sterben im Mittelmeer beendet werden kann.
Das Schiff der Kirche soll wie die Schiffe privater Hilfsorganisationen über Spenden finanziert werden. Dass das seit Jahren gelingt, zeigt, wie groß der Rückhalt aus der Bevölkerung ist. Ein Beweis dafür, dass Europa seine Mitmenschlichkeit noch nicht verloren hat.
Katrin.Woitsch@ovb.net