Im Graubereich von Rettung und Schleusung

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Seenotrettung klingt heroisch – aber diese Vereinfachung trügt. Jeder Einsatz der privaten Schiffe im Mittelmeer hat mindestens zwei Teile. Gekenterte zu retten, ist alternativlos, und jeder Gedanke an abschreckende Wirkung des Ertrinkenlassens zynisch und widerwärtig. Teil 2 aber, der Transport ab kurz vor der afrikanischen Küste zu weit entfernten Häfen Europas, ist falsch. So erledigen die privaten Helfer bewusst das Geschäft der kriminellen Schleuser. Teils aus politischen Motiven, teils aus falsch verstandenem Gerechtigkeitsempfinden.

Die große Mehrzahl der Migranten in den Booten hat in Europa keinerlei Asylanspruch. Sie flüchten vor Armut. Diese Differenzierung zu Kriegsflüchtlingen ist hart, aber nötig. Darauf basieren unser Asylsystem und die verbliebene Akzeptanz dafür. Schlimmer noch ist, dass die Helfer einen Teufelskreis anheizen: Migranten werden in immer kleineren Schlauchbooten ins Meer gesetzt; die Schleuser wissen ja, wenn die Helfer für den größeren Teil der Strecke bereitstehen.

Zuletzt ließ sich mancher Landespolitiker von der Seenotretter-Erzählung blenden. Bitte nicht auch die Spitze der evangelischen Kirche! Sie sollte Folgen ihres Handelns klüger abwägen. Die Kirche kann bei uns, in den Herkunfts- und in den Transitländern Großartiges leisten. Ihre Gelder, ob Steuern oder Spenden, sind in einer weiteren privaten Mission im Graubereich zwischen Rettung und Rechtsbruch – ja: Schleusung – falsch aufgehoben.

Christian.Deutschlaender @ovb.net

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