Europas „Lebensweise“-Streit

Von der Leyens Leitkultur

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

In Brüssel greift ein Verdacht um sich: Ist Ursula von der Leyen vielleicht doch keine sozialistisch-grüne Kommissionspräsidentin? Nach ihrer Bewerbungsrede mit dem verzweifelten Buhlen um Stimmen von links und nach ihrem Fehlgriff mit dem italienischen Wirtschaftskommissar Gentiloni setzt die CDU-Politikerin nun einen konservativen Akzent. Dass sie einen ihrer Vizepräsidenten mit dem Aufgabentitel „Schutz der europäischen Lebensweise“ versehen will, sorgt für Aufsehen, ja: Zorn, weil der Kommissar auch für Migration zuständig ist.

Der Wirbel war erwartbar, weil von der Leyen damit Elemente der deutschen „Leitkultur“-Debatte übernimmt. Der Protest dagegen greift aber zu kurz. Europas Lebensweise, Europas Werte: Das sind Menschenwürde für alle, Demokratie, Freiheit, Rechtsstaat. Abgrenzung? Klar: Vom Demokratieverständnis der Chinesen, von den Sozialstandards der USA, aber dazu die Vorgabe, dass sich an unser Wertesystem zu halten hat (Frauenrechte, Toleranz, Religionsfreiheit), wer nach Europa zuwandert.

Von der Leyen kämpft um diese Wortwahl. Auch wenn es nur Symbolik ist – das ist gut so. Dazu gibt es zumindest vorsichtige Anzeichen, dass sie parallel auch die drängenden Probleme in der Migrationspolitik anpackt, mit einer „Dublin“-Reform etwa. Noch ist auch offen, ob der deutsche 25-Prozent-Quoten-Vorstoß zur Abnahme von Bootsmigranten einer konzertierten Aktion entsprang oder nur einer volatilen Seehofer-Laune. Die Chance ist aber da, dass sich bei diesem Thema endlich mehr bewegt. Und dass von der Leyen ihrer gründlich verkorksten Nominierung etwas Besseres folgen lässt.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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