Es ist ein leiser Abgang durch die Hintertür: Sigmar Gabriel, vielleicht der beste politische Kopf der SPD seit Gerhard Schröder, verlässt ein bisschen beleidigt den Bundestag. Als Parteichef war er am eigenen Führungsstil gescheitert, mit dem er sich in Partei und Fraktion zu viele Feinde gemacht hatte. Als Abgeordneter verärgerte er dann auch noch die letzten Genossen mit Ratschlägen von der Seitenlinie. Zuletzt war es ziemlich ruhig um ihn geworden. Und jetzt ist Schluss mit dem Politikerleben.
In der SPD stieß die Nachricht auf lautstarkes Schweigen. Gabriel und sein Politikstil passen nicht mehr zu den aktuellen Sozialdemokraten, die sich auf unzähligen Regionalkonferenzen in Selbstfindung ergehen. Der Bauchpolitiker pflegte einen Pragmatismus, der wenig von linken Prinzipien geprägt war. Das harmonierte trotz Gabriels Emotion erstaunlich gut mit der nüchternen Angela Merkel, trieb Teile der Basis aber in den Wahnsinn. Heute erinnert sich kaum noch jemand an seinen parteiinternen Kampf für Freihandelsabkommen – damals, vor Donald Trump, als die SPD noch jenseits der 20 Prozent lag.
Gabriel und de SPD haben sich auseinander gelebt. Fehlen wird er ihr trotzdem. Denn eine Volkspartei, und das will die SPD ja wieder werden, braucht mehr als einen Flügel, damit sich möglichst viele Wähler wiederfinden.
Mike.Schier@ovb.net