Österreich ist ein Land der Konfrontation. Woanders bereitet es schon Mühe, Spitzenpolitiker im Wahlkampf wenigstens ein, zwei Mal zum Duell zu bewegen. In der Alpenrepublik hingegen scheinen sie das TV-Studio kaum mehr zu verlassen. Dutzendfach traten sie gegeneinander an. Die Streitkultur ist ausgeprägt, aber so rigoros wie diesmal ging es selten zu.
Über allem schwebt die unsägliche Ibiza-Affäre. Sie gab die Tonart vor für einen Wahlkampf, in dem so manche Leiche aus dem Keller ans Licht befördert wurde. Das Verblüffende an dieser schrillen Dramaturgie ist nur, dass im Grunde alles beim Alten bleibt. Das Wahlergebnis dürfte nah an den Schätzungen vor drei Monaten liegen. Trotz Enthüllungen und Parteispendenaffären, Spesenrittertum und übler Nachrede. Es ist so viel gestritten worden, bis das Publikum ermattet ausstieg.
Am deutlichsten zeigt sich das bei der FPÖ. Sie hat Ibiza derart verharmlost und verdreht, dass sie am Ende nicht mehr Täter, sondern Opfer war. Die Taktik war so dreist wie erfolgreich, die Rechtspartei könnte erneut mit der Regierungsbeteiligung belohnt werden. Sebastian Kurz und seine ÖVP sollten aber gewarnt sein. Nach allem, was war, kann niemand mehr sagen, er habe nicht gewusst, worauf er sich einlässt.
Marc.Beyer@ovb.net