Friedensnobelpreis

Die Kunst des Unmöglichen

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

Es ist, wenn man so will, eine klassische Wahl: Ein Friedensstifter erhält den Friedensnobelpreis, nämlich Abiy Ahmed, Äthiopiens junger Ministerpräsident. Auf der Basis von wenig bis nichts startete er einen Aussöhnungsprozess mit dem verfeindeten Eritrea und schaffte damit, was viele für undenkbar hielten. Auch wenn es stimmt, dass der Frieden zwischen beiden Ländern vor allem auf dem Papier existiert und dass sich in den Beziehungen zu Eritrea substanziell wenig getan hat – Abiy Ahmed hat gezeigt, dass Politik nicht bloß die Kunst des Möglichen ist, sondern die Kunst des Unmöglichen sein kann.

Nörgler mögen die Entscheidung des Osloer Nobelpreiskomitees für allzu konventionell halten. Mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta hätte man schließlich auch die Galionsfigur einer Bewegung auszeichnen können, die der Politik überall auf der Welt Beine macht. Aber in Wahrheit ist die Wahl ein richtiges Zeichen zur richtigen Zeit. Denn sie wendet den Blick auf eine Region der Welt, die vielen noch immer als einziges Tal der Tränen gilt. Abiy Ahmed ist quasi der lebende Gegenbeweis, ein Gewährsmann dafür, dass Afrika auch anders kann. Auf dem Kontinent gibt es mehr Beispiele guter Regierungsführung, als man annehmen mag. Aber nur wenige, die sie auch international verkörpern können.

Abiy Ahmed wird nun ein, wenn nicht das positive Gesicht Afrikas sein – auch wenn seine Kritiker daheim lauter werden. Ein bisschen ist da die übliche Entzauberung am Werk, auch die Nebenwirkungen der Reformen zeigen sich. Gerade deshalb ist der Preis als Aufforderung zu verstehen, den mutigen Kurs beizubehalten.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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