„Dem Chef-Narzissten hilflos ausgeliefert“

von Redaktion

Irritation in Washington: Trump schreibt bizarren Brief an Erdogan und beleidigt seine Rivalin

Washington – Die Rivalin nennt er geisteskrank, dem türkischen Präsidenten droht er, er werde als „Teufel in die Geschichte eingehen“: Donald Trump ist im Angriffsmodus. An eine solche Eskalation kann man sich in Washington nicht erinnern.

Eigentlich wollten der US-Präsident und seine demokratische Gegenspielerin Nancy Pelosi über den Konflikt in Nordsyrien sprechen – die Vorsitzende des Repräsentantenhauses brach das Gespräch aber vorzeitig ab. Trump soll sie als „drittklassige Politikerin“ beschimpft haben. Und auf Twitter legte er später nach: „Entweder ist bei ihr ,da oben‘ etwas falsch, oder sie mag schlicht unser großartiges Land nicht.“ Und weiter: „Betet für sie, sie ist eine sehr kranke Person!“ Chuck Schumer, Minderheitsführer der Demokraten im Senat, sprach von einer „üblen Tirade“ des Präsidenten.

Die Amerikaner sind von Trump einiges gewohnt – aber derzeit gibt er besonders viele Rätsel auf. Denn fast zeitgleich wurde ein ungewöhnliches Schreiben von Trump an Präsident Recep Tayyip Erdogan bekannt. „Seien Sie kein Narr“, schrieb Trump am 9. Oktober – an diesem Tag begann die Türkei ihre Offensive in Nordsyrien. Trump warnte Erdogan vor einem harten Vorgehen gegenüber den Kurden – und verzichtete dabei sowohl auf Formalitäten als auch auf eine diplomatischen Sprache: „Sie wollen nicht für das Abschlachten von tausenden Menschen verantwortlich sein, und ich will nicht für die Zerstörung der türkischen Wirtschaft verantwortlich sein – und ich werde es tun.“ Der US-Präsident verlangte von seinem türkischen Amtskollegen, einen „großartigen Deal“ mit dem YPG-Kommandeur Maslum Abdi zu verhandeln. Und: „Die Geschichte wird sie immer als Teufel ansehen, wenn nicht gute Dinge geschehen. Geben Sie nicht den harten Kerl. Seien Sie kein Narr! Ich rufe Sie später an.“

Das bizarre Schreiben hat seine Wirkung allerdings verfehlt: Erdogan habe den Brief laut dem türkischen Nachrichtensender CNN Türk in den Müll geworfen und sei zu dem Schluss gekommen, dass die beste Reaktion darauf der Start der Militäroffensive sei.

Trump erntet seit Tagen heftige Kritik – denn er selbst hatte Erdogans Offensive durch den Abzug seiner Truppen aus Nordsyrien erst ermöglicht. Die USA hätten mit dem Konflikt nichts zu tun, sagte er am Mittwoch. Dann fügte er noch – quasi als Entschuldigung für die prekäre Lage der Kurden – nach: Die Kurden seien „keine Engel“.

Zu dem maßgeblichen Anteil, den die Kurden an der Eingrenzung der Terrorgruppe Islamischer Staat haben – und dabei Seite an Seite mit den USA kämpften – äußerte sich der Präsident nicht. Stattdessen befürwortete er, dass die Kurden nun die Nähe zu Syriens Diktator Assad suchen. Sich selbst lobte er als „strategisch brillant“. Diese Brillanz können Amerikas Volksvertreter nicht erkennen. Das Repräsentantenhaus verurteilte am Mittwoch in einer parteiübergreifenden Resolution den Truppenabzug aus Nordsyrien als „Fehler“ – danach kam es zu dem Eklat mit Nancy Pelosi.

Die „New York Times“ urteilt, die Nation sei dem „Chef-Narzissten“ Trump ausgeliefert. Und das Magazin „Atlantic“ sieht ihn „nicht fit“ für seinen Job. Ob das tatsächlich der Fall ist, steht gerade ernsthaft in Frage. Mehrere Ausschüsse im Repräsentantenhaus prüfen ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Darin geht es um die Ukraine Affäre – in der dem Präsidenten vorgeworfen wird, Ermittlungen in der Ukraine gegen seinen Rivalen Joe Biden angeordnet zu haben.  fd/kab

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