GEORG ANASTASIADIS
Um ihren Artgenossen den Weg zu ergiebigsten Blumenwiesen zu weisen, tanzen Bienen den Schwänzeltanz. Wie wild kreisen die Honigsammlerinnen dann in ihrem Stock umher und geben emsig Signale. Das fleißigste Bienchen der CSU heißt Markus Söder. Seit die Partei ihn vor knapp einem Jahr erst zum Ministerpräsidenten und dann zu ihren Chef wählte, summt und brummt es unablässig in Staatskanzlei und Landesleitung. Doch die Richtungssignale, die Söder seiner Partei gibt, sind ganz andere, als mancher vom Ziehsohn Stoibers erwartet hätte. Ob Bienenbegehren, Asyl- oder Klimapolitik: Söders neue CSU ist grün und cremig, und sie duftet verführerisch nach glyphosatfreien Ackerrändern – jedenfalls in den feinen Nasen jener, denen die Partei früher zu sehr nach Bier und Stammtisch muffelte.
Ihre Bemühungen, die an die AfD verlorenen Wähler zurückzugewinnen, hat die Söder-CSU derweil eingestellt. Genauer gesagt: Darum sollen sich nun bitteschön Aiwangers Freie Wähler kümmern. Söders Strategie-Schwenk ist die Antwort darauf, dass er vom Vorgänger Horst Seehofer eine CSU am Rande des Nervenzusammenbruchs übernommen hat. Sie hatte sich an der Flüchtlingspolitik wundgerieben und war durchzogen von tiefen Gräben zwischen Merkel-Anhängern und -Gegnern. Diesen Streit hat Söder beigelegt. Auf dem heute beginnenden Parteitag winkt ihm dafür ein ordentliches Ergebnis. Ein Hauch von Spannung könnte am ehesten bei der von der JU beantragten Abstimmung über die Urwahl des Unions-Kanzlerkandidaten aufkommen. Dann wird sich zeigen, was die Delegierten von Söders Nibelungentreue für die im demoskopischen Keller schmachtende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer halten.
Auf den Parteitag eingestimmt hat Söder die CSU passenderweise mit dem Hinweis, dass der bayerische Löwe ja nicht immer bis zur Heiserkeit brüllen müsse. Das stimmt. Dass manche in der Berliner Blase die windschnittiger im Zeitgeist surfende CSU jetzt etwas weniger verabscheuen, garantiert aber noch lange keine Wahlsiege. In den Umfragen klebt die CSU wie mit Pattex an den 37 Prozent der schmachvoll verlorenen Landtagswahl. Wie erfolgreich der Versuch ist, Anschluss an die modernen urbanen Milieus zu finden und dafür – wie beim Artenschutzbegehren – klassische Wähler wie etwa die Bauern vor den Kopf zu stoßen, muss man sehen. Söder tänzelt auf schmalem Grat.
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