GEORG ANASTASIADIS
Deutschland will tolerant sein und weltoffen – aber nicht für alle: Als der an die Hamburger Uni zurückgekehrte AfD-Gründer Bernd Lucke dieser Tage seine Vorlesung beginnen wollte, wurde er von Störern und Mitgliedern der Antifa körperlich bedrängt, als „Nazi-Schwein“ beschimpft und am Reden gehindert. Wenig besser erging es FDP-Chef Christian Lindner: Er wollte mit Hamburger Studenten diskutieren, doch der Hochschuldirektor persönlich kam ihm mit einem Verbot zuvor, offenbar mit Billigung der grünen Hochschulsenatorin. Zuletzt traf es Ex-Innenminister Thomas de Maizière (CDU). 100 linke Aktivisten verwehrten Besuchern am Montag bei einer unangemeldeten Demonstration den Weg zu seiner Lesung. Sie hatten die Eingänge blockiert, einige waren auf Bäume geklettert. Ihr „ziviler Ungehorsam“ galt dem Architekten von Merkels Flüchtlingspakt mit der Türkei.
Nichts gegen originelle Formen des Protests. Aber die immer weiter voranschreitende Selbstermächtigung einer radikalen grün-roten Linken im vorgeblichen „Kampf gegen rechts“ zielt in Wahrheit auf die Zerstörung des gesellschaftlichen Diskurses. Dabei geht nicht mehr nur darum, den Korridor moralisch zulässiger Standpunkte stetig zu verengen, indem Kritiker von Euro, Greta oder Kopftuch zu schlichten „Antieuropäern“, „Klimaleugnern“ und „Islamfeinden“ gemacht werden. Es geht darum, Stimmen, die nicht ins eigene Weltbild passen, auch im buchstäblichen Sinne mundtot zu machen. Der Hass auf andere Meinungen und die Weigerung, einander zuzuhören, verbindet die vermeintlich „progressiven“ Radikalen von Links mit den schrecklichen rechten Stiefelträgern.
Unsere Meinungsfreiheit ist in Gefahr. Wie sehr, verriet kürzlich eine Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach. Drei von fünf Deutschen gaben an, sie könnten sich im öffentlichen Raum nicht mehr frei äußern. Durch die Republik weht, nicht erst seit der so giftig geführten Klimadebatte, ein neuer Geist. Seine Verkünder preisen sich als bunt, tolerant und fortschrittlich. Doch sie bringen Intoleranz und Unfreiheit zurück nach Deutschland.
Georg.Anastasiadis@ovb.net