München – Emmi Zeulner sieht abgekämpft aus. Gerade hat sie auf dem Parteitag durchgeboxt, dass sich ihre CSU ganz offiziell hinter die Entlastung von Betriebsrentnern stellt. Gegen die Stimmen gewichtiger Parteifreunde hat die Bundestagsabgeordnete eine Abstimmung durchgesetzt – und so verhindert, dass ihr Antrag per Überweisung an die Landesgruppe abserviert wird. Der Parteitag musste Farbe bekennen. Und am Ende ging der Antrag durch.
Doch trotz dieser Dramatik sind auch die Szenen, die sich am vergangenen Wochenende in der Münchner Olympiahalle abgespielt haben, letztlich nur von symbolischer Bedeutung. Denn die Entscheidung fällt nicht in München. Sie fällt auch nicht Hamburg, wo vor einem Jahr schon die CDU für die Betriebsrentner-Entlastung gestimmt hat. Die Entscheidung wird in Berlin gefällt – von den Köpfen der Großen Koalition.
Der Hintergrund: Seit 2004 wird bei der Auszahlung betrieblicher Altersrenten noch einmal der volle Krankenkassenbeitrag fällig, also auch der Arbeitgeberanteil. Unter der damaligen SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sollten so die klammen Kassen gefüllt werden. Für die Betroffenen, die teils rückwirkend belastet wurden, ein astreines Schurkenstück. Besonders die Direktversicherten, die das Gesetz am härtesten traf, pochen bis heute auf Wiedergutmachung.
Auch wenn diese Forderung angesichts von geschätzten Kosten von über 40 Milliarden Euro wenig realistisch ist, ist das Thema seit einiger Zeit wieder aktuell. Ein Vorstoß von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die Beiträge künftig zu halbieren, wurde Anfang des Jahres von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angesichts der hohen Kosten gestoppt. In der Union baute sich aber weiter Druck auf. Auch die Länder drängten Berlin über den Bundesrat zum Handeln. Jedoch kann sich die Große Koalition nicht einigen. „Immer wieder wird vom Bund Abhilfe versprochen, doch es passiert nichts“, schimpfte am Mittwoch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) auf Twitter. „Das geht so nicht.“ Genau das seien die Dinge, die zur Unzufriedenheit vieler Menschen führten.
„Wir müssen zu einer Lösung kommen“, sagt auch Carsten Linnemann (CDU) gestern unserer Zeitung. Der einflussreiche Wirtschaftspolitiker ist in der CSU-Schwesterpartei der Vorkämpfer für eine Entlastung. „Wenn wir das nicht schaffen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn junge Leute heute keine betriebliche Altersvorsorge mehr abschließen wollen“, stellt er einmal mehr klar. Linnemann hat dieses Jahr schon so manchen flammenden Appell dieser Art gehalten. Geholfen hat es noch nicht. Auch vor einer Woche ging ein Treffen der zuständigen Minister und Fraktionsspitzen ohne Ergebnis zu Ende. Heute soll es weitergehen. Ergebnis offen.
In Teilen der Union scheint die Idee populär, zumindest einen Freibetrag von rund 150 Euro einzuführen, für den keine Beiträge entrichtet werden müssten – die Kosten lägen bei rund 1,2 Milliarden Euro. So könne man immerhin die betriebliche Altersvorsorge für die Zukunft wieder attraktiver machen, lautet der Tenor.
Doch aus der SPD, eigentlich mehrheitlich für eine Entlastung, kommen ablehnende Signale. „Ich bin sehr pessimistisch, dass wir da noch eine Lösung hinbekommen“, sagte Karl Lauterbach jüngst dem „Tagesspiegel“. Zwar ist der Gesundheitsexperte seit seiner Kandidatur für den SPD-Vorsitz gar nicht mehr federführend für das Thema zuständig. Einfacher dürfte das die anstehenden Gespräche aber nicht machen. SEBASTIAN HORSCH