MARCUS MÄCKLER
Außenpolitik erinnert an Schachspielen: Erfolgreich ist, wer ein paar Schritte vorausdenkt, nicht erfolgreich ist, wer das Denken verweigert und seine Figuren vom Brett nimmt. US-Präsident Donald Trump hat in Syrien Letzteres getan. Dass er nun behauptet, den „Durchbruch“ im Zwist mit der Türkei geschafft zu haben, ist von haarsträubender Dreistigkeit. Trump hat die Invasion der Türkei in Nordsyrien erst möglich gemacht – an der jetzigen Schadensbegrenzung war er nur am Rande beteiligt.
Der eigentliche Sieger des ganzen Schlamassels ist Wladimir Putin, der sicher genüsslich zuschaute, wie Trump ihm bei der Umsetzung all seiner Kriegsziele half. Erstens: Putins Verbündeter Baschar al-Assad bleibt, aller Verbrechen am eigenen Volk zum Trotz, in Syrien an der Macht. Zweitens: Russlands Vormachtstellung in der Region ist gesichert; wie Putins fürstlicher Empfang in Riad zeigte, richtet selbst der US-Verbündete Saudi-Arabien seine Antennen mehr Richtung Moskau aus. Drittens: Putin kann sich als Friedensstifter inszenieren, dessen Beharrlichkeit über die unentschlossen und erratisch agierende US-Regierung triumphierte. Hängen bleibt: Der Kreml ist der zuverlässigere Partner als das Weiße Haus.
Europa hat seine Figuren leider nie aufs Schachbrett gesetzt. Der Anlauf von Annegret Kramp-Karrenbauer kommt Jahre zu spät und läuft wohl ins Leere. Dass sich Moskau jetzt, da die Dinge in seinem Sinne geregelt sind, noch einer internationalen Koalition anschließt, ist jedenfalls eher unwahrscheinlich. Trotzdem ist die Kritik an AKK wohlfeil. Immerhin hat sie (wenn auch etwas ungelenk) den Versuch einer europäischen Reaktion unternommen. Damit ist sie den zahlreichen Schwadroneuren einer gemeinsamen EU-Sicherheitspolitik weit voraus.
Marcus.Maeckler@ovb.net