Die nächste Schlappe für Boris Johnson

von Redaktion

Wieder eine Schlappe für Boris Johnson: Der britische Regierungschef handelt sich bei seinem Wunsch nach einer Neuwahl im Parlament eine erneute Abfuhr ein. Doch er will es heute gleich noch einmal versuchen.

London/Brüssel – Der britische Premierminister Boris Johnson ist gestern Abend mit seinem Antrag auf eine Neuwahl gescheitert. Es war bereits der dritte Versuch. Johnson wollte die Briten im Zuge des Brexit-Streits am 12. Dezember ein neues Parlament wählen lassen. Bei der Abstimmung verfehlte er jedoch die notwendige Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten. Die größte Oppositionspartei Labour lehnt eine Neuwahl derzeit ab. Der Regierungschef hat keine Mehrheit im Unterhaus und muss im Streit um den EU-Austritt um jede Stimme kämpfen. Bereits zwei Mal hatte er deshalb im September vergeblich versucht, eine Neuwahl herbeizuführen.

Doch Johnson will es gleich noch einmal probieren, wie er nach Verkündung des Ergebnisses ankündigte. Er wollte noch am Abend einen Gesetzentwurf vorlegen, der eine Wahl am 12. Dezember vorsieht. „Dieses Parlament kann das Land nicht mehr länger in Geiselhaft nehmen“, sagte Johnson. Er spekuliert dabei auf die Unterstützung der kleineren Oppositionsparteien. Die Liberaldemokraten und die Schottische Nationalpartei SNP hatten signalisiert, dass sie auf diesem Wege einer Wahl am 9. Dezember, also etwas früher als Johnsons Vorschlag, zustimmen würden. Die Zweidrittelmehrheit könnte mit einem solchen Gesetz umgangen werden.

Notwendig ist dafür ein richtiges Gesetzgebungsverfahren mit mehreren Lesungen, das heute beginnen soll. Es scheint sehr fraglich, ob sich Liberaldemokraten und die SNP auf Johnsons Wunschtermin einlassen werden. Beide Parteien wollen den EU-Austritt eigentlich verhindern. Zudem dürften sie weitere Bedingungen stellen, die sie dem Gesetzentwurf per Änderungsantrag anheften könnten. SNP-Fraktionschef Ian Blackford forderte während der Debatte am Montag, das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre zu senken. Junge Briten gelten als sehr viel proeuropäischer als ihre Eltern und Großeltern.

Wenige Stunden vor der Abstimmung am Montag hatte sich die Europäische Union auf eine flexible Brexit-Fristverlängerung („Flextension“) um bis zu drei Monate geeinigt. Damit folgten die bleibenden 27 EU-Staaten einer Empfehlung von EU-Ratschef Donald Tusk. Demnach soll der EU-Austritt spätestens am 31. Januar erfolgen. Er ist aber auch eher möglich, wenn eine Ratifizierung des Austrittsabkommens vorher gelingt.

Die Entscheidung für die „Flextension“ fiel bei einem Treffen der EU-Botschafter in Brüssel. Der Einigung zufolge sind weitere Verhandlungen über das Austrittsabkommen ausgeschlossen. Zudem wird festgelegt, dass Großbritannien für die kommende EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen einen Kommissar nominieren muss. Die EU-Staaten rufen London dazu auf, sich während der Verlängerung in einer „konstruktiven und verantwortungsvollen Weise“ zu verhalten. Johnson nahm die Verlängerung in einem Schreiben an Tusk widerwillig an. Er war gesetzlich dazu verpflichtet. „Ich muss meine Sichtweise klar machen, dass diese ungewollte Verlängerung der britischen EU-Mitgliedschaft unsere Demokratie und die Beziehung zwischen uns und unseren europäischen Freunden beschädigt“, schrieb der Premier.

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