Mit Pfeilen gegen Chinas Macht

von Redaktion

In Hongkong ist es erneut zu schweren Zusammenstößen gekommen. Polizisten feuerten mit Gummigeschossen und Tränengas, Demonstranten mit Pfeilen und Brandsätzen. Ein Einsatz chinesischer Soldaten löste zusätzlich Besorgnis aus.

VON JÖRN PETRING

Hongkong – Bei den Anti-Regierungs-Protesten in Hongkong ist die Gewalt erneut eskaliert: Die Polizei setzte am Sonntag Tränengas, Gummigeschosse und Wasserwerfer ein. Radikale Demonstranten feuerten mit Katapulten Brandsätze ab und schossen mit Pfeil und Bogen. Ein Polizist wurde ins Bein getroffen. Am Abend drohte die Polizei erstmals mit dem Einsatz scharfer Munition. „Wenn sie mit solchen gefährlichen Aktionen fortfahren, haben wir keine andere Wahl, als ein Mindestmaß an Gewalt anzuwenden“, sagte ein Sprecher.

Für zusätzliche Unruhe sorgte ein Auftritt chinesischer Soldaten auf den Straßen Hongkongs. Zum ersten Mal seit Beginn der Proteste im Juni verließen die Soldaten ihre Kaserne am Samstag für einen Einsatz. Bilder zeigten, wie sie Steine und andere Objekte von einer Straße räumten. Die Aktion fand große Beachtung, weil es unter einigen Hongkongern Befürchtungen gibt, dass China sein Militär anweisen könnte, die Proteste in der Stadt niederzuschlagen.

Nach geltendem Recht könnte Hongkongs Regierung die Zentralregierung in Peking um militärische Hilfe bitten, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen oder nach Katastrophen zu helfen. Eine solche Anfrage habe es am Samstag jedoch nicht gegeben, teilte die Hongkonger Regierung mit.

Wie die Zeitung „South China Morning“ berichtete, verurteilten Abgeordnete der Opposition den Einsatz der chinesischen Soldaten scharf und forderten von der Regierung Aufklärung. Die Garnison der Volksbefreiungsarmee in Hongkong teilte mit, dass es sich um eine „gemeinnützige Tat“ gehandelt habe. Die Soldaten wollten lediglich Anwohnern helfen, die Straßen in der Nähe der Kaserne aufzuräumen. Auf Videos ist zu sehen, wie einige Menschen applaudieren.

Nach den monatelangen Demonstrationen in Hongkong hatte Chinas kommunistische Führung zuletzt angedeutet, die Gangart zu verschärfen. Mehr als 10 000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee sind seit der Rückgabe der britischen Kronkolonie 1997 an China in Hongkong stationiert. Nach unbestätigten Berichten sollen die Truppen heimlich aufgestockt worden sein. Eine militärische Niederschlagung der Proteste halten Beobachter aber für unwahrscheinlich, weil China dafür international geächtet würde.

Schon am Samstagabend gab es schwere Ausschreitungen. Am Sonntag konzentrierten sich die Krawalle zunächst vor allem auf die Gegend um die Polytechnische Universität, die von Demonstranten besetzt wurde. Um die Polizei fernzuhalten, legten die Demonstranten ein großes Feuer auf einer Fußgängerbrücke, die zur Universität führt. Die Polizei stufte die Besetzung als „Aufstand“ ein und umstellte das Gelände.

Die Hochschulen der Stadt hatten sich in der vergangenen Woche zu einem neuen Brennpunkt der Proteste entwickelt. Mehrere Universitäten kündigten daraufhin an, dass sie das Semester vorzeitig beenden. Zwei am Freitag festgenommene deutsche Studenten wurden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Samstag wieder auf freien Fuß gesetzt. Auch an anderen Orten in der Stadt kam es am Sonntag zu Zusammenstößen. Die Behörden kündigten an, dass Schulen und Kindergärten am Montag weiter geschlossen bleiben sollten.

Amnesty International forderte Deutschland auf, die Kooperation zwischen Bundeswehr und chinesischer Armee einzustellen. „In der aktuellen Lage in Hongkong sollte die Bundesregierung ein klares Zeichen setzen und jegliche militärische Zusammenarbeit sofort stoppen“, sagte Amnesty-Experte Mathias John der „Bild am Sonntag“.

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