„Zerbrechliche kleine Menschen“

von Redaktion

Die griechischen Flüchtlingslager sind überfüllt, die Bedingungen dort sind schlecht. Grünen-Chef Habeck fordert: Lasst uns wenigstens den Kindern helfen – und stößt damit auch die Debatte über die Verteilung von Flüchtlingen in der EU wieder an.

Berlin – Es ist erst ein paar Tage her, da forderte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis Deutschland auf, Flüchtlinge von der Insel Lesbos aufzunehmen. Die Reaktion aus Berlin war verhalten. Nun hat Grünen-Chef Robert Habeck einen Vorstoß gewagt, der Mitsotakis gefallen dürfte.

In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ fordert Habeck angesichts der schlechten Zustände in griechischen Flüchtlingslagern, Deutschland könne doch „wenigstens für die Kinder in der größten Not unmittelbare Hilfe leisten“. Das Innenministerium wehrte ab. Die Debatte zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU kocht kurz vor Weihnachten trotzdem hoch.

Mehr als 50 000 Flüchtlinge kamen dieses Jahr auf den ostägäischen Inseln an (siehe Grafik). In den Lagern halten sich nach Angaben aus Athen mehr als 40 000 Menschen auf, obwohl nur Platz für etwa 7500 Menschen ist. Die Lage gerät zunehmend außer Kontrolle. Und Griechenland rechnet 2020 mit weiteren 100 000 Migranten, die aus der Türkei übersetzen.

Habeck geht es um rund 4000 Kinder, unter denen „viele Mädchen, viele zerbrechliche kleine Menschen“ seien. „Es ist ein Gebot der Humanität, da schnell zu helfen.“ Während die Organisation Pro Asyl ihm zur Seite sprang, kamen aus dem Innenministerium ablehnende Reaktionen. Innen-Staatssekretär Günter Krings (CDU) sagte der Rheinischen Post: „Einseitige Aufnahmeaktionen für bestimmte Gruppen sind keine Lösung.“

Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, es brauche Klarheit an der Grenze. „Wir müssen direkt auf den griechischen Inseln entscheiden, ob jemand in Europa bleiben darf oder nicht.“ Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), forderte eine neue Initiative zur Verteilung der Menschen in der EU.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte schon vor einigen Tagen zurückhaltend auf Appelle zur Aufnahme von Kindern reagiert. Deutschland habe schon oft humanitäre Gesten gezeigt, sagte sie im Bundestag. Auch andere EU-Staaten müssten überzeugt werden, mitzuhelfen.

Über die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU wird seit Jahren gestritten. Mitgliedstaaten wie Ungarn und Polen wollen sich nicht dazu verpflichten lassen, Migranten aufzunehmen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte eine Asylprüfung schon an den EU-Außengrenzen vorgeschlagen und die Einführung eines Schlüssels für die Verteilung von Flüchtlingen.  dpa/mmä

Artikel 2 von 11