München – Angela Merkel hatte schon schwerere Neujahrsansprachen zu halten. Zum Jahresende 2015 musste sie in der Migrationsdebatte ihr berühmtes „Wir schaffen das!“ bekräftigen und verteidigen. Ein Jahr später bestimmte der wenige Tage zuvor verübte Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz die Ansprache der Bundeskanzlerin.
Zum Abschluss dieses Jahres wollte die Kanzlerin Zuversicht verbreiten an der Schwelle zum neuen Jahrzehnt. Die Zwanziger-Jahre könnten gute Jahre werden, wenn „wir auf das setzen, was uns verbindet, wenn wir uns daran erinnern, was wir in den letzten Jahrzehnten gemeinsam erreicht haben“. Man habe „Großartiges geschafft“, in den bald 30 Jahren seit der Wiedervereinigung. So hätten zum Beispiel noch nie so viele Menschen Arbeit gehabt wie heute. Damit das so bleibe, brauche es neue Antworten auf den digitalen Fortschritt. Dazu brauche es „die Kraft, bekannte Wege zu verlassen, die Bereitschaft, Neues zu wagen, und die Entschlossenheit, schneller zu handeln“.
Die andere große Herausforderung sei die Erderwärmung. Sie sei real und sie sei menschengemacht, sagte die Kanzlerin. „Also müssen wir auch alles Menschenmögliche unternehmen, um diese Menschheitsherausforderung zu bewältigen.“
Erneut einen klaren Akzent auf die Klimapolitik setzte auch Bayerns Ministerpräsident in seiner Neujahrsansprache. Einige hatten schon vor einem Jahr gestaunt über einen offenbar ergrünten Markus Söder. Fast die Hälfte seiner ersten Neujahrsansprache hatte er dem Umwelt- und Klimaschutz gewidmet. Wenn auch knapper gehalten, stellte er das Thema jetzt erneut an den Anfang seiner Rede, die am Silvesterabend ausgestrahlt wird. Der Klimawandel, so Söder, sei „vielleicht die größte Aufgabe unserer Zeit“.
Die Botschaft: Die Staatsregierung, der er inzwischen seit gut 22 Monaten vorsteht, hat geliefert. Mit einem „wirksamen Klimaschutzprogramm“ und einem Artenschutzprogramm, bei dem man auch „Wertschätzung für unsere Landwirtschaft“ zeige. Kritik hatte Söder dennoch geerntet. Symbolpolitik hatten ihm Grüne und Umweltverbände vorgeworfen.
Baustellen für 2019 sieht Söder unter anderem bei der Verkehrspolitik. Die solle „Klimaschutz und Wohlstand“ zusammenbringen, sagte er. Dazu gehöre der weitere Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Stadt und Land. Bayern solle aber auch Autoland bleiben und deshalb „Modellland für moderne Autoantriebe“ werden.
„Echten Nachholbedarf“ habe Bayern bei Kinderbetreuungsplätzen. Für junge Frauen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spürbar zu verbessern, sei ihm „ein Herzensanliegen“, sagte Söder.
Und damit vieles, was ansteht, auch schnell umgesetzt werden könne – Schienen-Ausbau, Elektroladesäulen, Mobilfunk –, müsse der Bund Bürokratie abbauen. Es brauche dringend ein Beschleunigungsgesetz.
Anders als vor einem Jahr, als die Wahlen zum EU-Parlament anstanden, sparte Söder diesmal das Thema Europa aus. Ausführlich widmete er sich dafür dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und bezog dabei das sonst ausgeklammerte Thema Zuwanderung ein: „Wir sind für alle Bürger da“, sagte Söder, „egal, ob sie hier geboren, aus Deutschland zugezogen sind oder aus anderen Teilen der Welt hier ihre neue Heimat gefunden haben.“
In Zeiten, in denen es auch Unsicherheiten und Ängste gebe, sei es „Kernaufgabe des Staates, Schutz und Sicherheit zu gewährleisten“, so Söder. „Wir lehnen daher jede Form von Hass und Hetze, Rassismus und Antisemitismus ab.“ Die Bundeskanzlerin erklärte, es sei Aufgabe des Staates, vor Hass, Anfeindungen, Gewalt und Antisemitismus zu schützen.