Berlin – Beim Treffen Mitte Dezember wurden den beiden Neulingen an der SPD-Spitze noch Lebkuchen und Ingwertee gereicht. Doch die Zeit des koalitionsinternen Kuschelns ist vorbei. Heute soll der Koalitionsausschuss wieder in den Arbeitsmodus wechseln. Die Erwartungen sind hoch – vor allem an das neue Spitzen-Duo der Genossen.
Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans präsentierten sich bereits am Montag vor der Presse selbstbewusst. Mit Forderungen nach einem höheren Mindestlohn und Milliardeninvestitionen etwa in Verkehrsnetze, Schulen und Krankenhäuser werde man in das Treffen im Kanzleramt gehen. Auch sollten verschuldete Kommunen von ihren Altschulden befreit werden. Was beide im Moment nicht mehr auf der Agenda haben, ist der Koalitionsbruch.
Seit die neuen Vorsitzenden im fünften Stock des Willy-Brandt-Hauses eingezogen sind, haben dem Vernehmen nach viele ihrer Gesprächspartner ihnen ihre ursprünglichen Pläne ausgeredet – vom Fraktionsvorsitzenden bis zu den Ministern. Gleichwohl ist der Bruch nicht endgültig vom Tisch, denn Esken und Walter-Borjans waren auch wegen ihres Versprechens gewählt worden, das Bündnis mit der Union absehbar zu beenden. Nur gibt es derzeit weder einen inhaltlichen Grund noch ist der Zeitpunkt günstig.
Auf der anderen Seite heißt es bei der Union, es bleibe zunächst einmal interessant zu sehen, „wie die andere Seite koordiniert ist“. Wer hat das Sagen, die Parteichefs, der Fraktionsvorsitzende oder wichtige Minister wie Finanzminister Olaf Scholz, der auch Vizekanzler ist? „Wir erwarten Handlungsfähigkeit“, wurde CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Dienstag deutlich. Denn die Themenliste sei lang, die man besprechen wolle. 13 hat Dobrindt ausgemacht.
Während von CDU-Seite Änderungen bei der Bonpflicht durch Einführung einer Bagatellgrenze und erneut die Grundrente genannt wurden, betonte Dobrindt: „Wir wollen darüber reden, wie wir neue Investitionen und gleichzeitig Entlastungen für Bürger und Unternehmen organisieren können.“
Das schwarz-rote Bündnis kann aus dem Vollen schöpfen: Der Finanzminister erzielte 2019 einen Haushaltsüberschuss von 19 Milliarden Euro. Es gibt Begehrlichkeiten auf beiden Seiten der Koalition – und das nicht zu knapp. HAGEN STRAUSS