Mülleimer oder Weg zum Frieden?

von Redaktion

Feierlich stellt US-Präsident Trump im Weißen Haus seinen Nahost-Plan vor. Neben ihm, sichtlich begeistert: Israels Ministerpräsident Netanjahu. Woanders kocht dagegen die Wut hoch.

VON SARA LEMEL UND CAN MEREY

Washington/Tel Aviv – Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bemüht den ganz großen historischen Vergleich, als er am Dienstag neben seinem Gastgeber Donald Trump im Weißen Haus steht. Netanjahu vergleicht Trumps Nahost-Friedensplan mit der Anerkennung Israels durch US-Präsident Harry Truman am 14. Mai 1948. Netanjahu spricht von einem „realistischen Weg zu anhaltendem Frieden“ und nennt Trump den besten Freund, den Israel je im Weißen Haus hatte. Dass Netanjahu Trumps seit Monaten überfälligen Plan so enthusiastisch begrüßt, lässt bereits darauf schließen, wo er keineswegs auf Begeisterung stößt: bei den Palästinensern.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas weist den Plan umgehend zurück und sagt, dieser werde „im Mülleimer der Geschichte“ landen. „Nachdem wir all diesen Müll gehört haben, sagen wir erneut ,Nein‘ zum ,Deal des Jahrhunderts‘.“ Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas bezeichnet den Plan als Unsinn. „Der „Deal des Jahrhunderts“ ist Nonsens, es ist ein feindlicher Deal“, sagt Chalil al-Haja, ein führender Hamas-Vertreter, am Dienstagabend. „Die Palästinenser werden alle möglichen Anstrengungen mit allen Mitteln aufwenden, um ihn zu bekämpfen, bis er gescheitert ist.“

Zwar überrascht Trumps Plan damit, dass er den Palästinensern einen eigenen Staat in Aussicht stellt – aber unter Bedingungen, die für sie kaum annehmbar sein dürften. Die „New York Times“ analysiert, der Plan „gibt Israel das meiste, was es will, er erfordert Zugeständnisse, die die Palästinenser vermutlich zurückweisen werden“. Der Nahost-Experte Ilan Goldenberg vom Center for New American Security kritisiert auf Twitter, der Plan möge gut klingen, „aber es geht um die Details, und viele der Ideen sind absolute Rohrkrepierer“.

Für die Palästinenser überschreitet der nun vorliegende Plan gleich mehrere rote Linien: Sie fordern einen unabhängigen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967. Nach einem Bericht des israelischen Fernsehens sieht der Nahost-Plan allerdings nur rund 70 Prozent der Fläche des Westjordanlandes für sie vor. Die israelischen Siedlungen mit Hunderttausenden Israelis im Westjordanland sollen bleiben. Außerdem würden die Palästinenser zumindest zunächst keine Sicherheitskontrolle über ihre eigenen Grenzen erhalten.

Die Palästinenser fordern darüber hinaus ganz Ost-Jerusalem als Hauptstadt, nicht nur Teile davon – so wie es der Plan jetzt vorsieht. Und: Sie verlangen, dass die Palästinenser, die 1948 nach der Gründung Israels aus dem Land flohen und vertrieben wurden samt ihrer Nachkommen, zurückkehren dürfen – allerdings auch nach Israel. Dies sieht der Plan nicht vor.

Trump veröffentlichte nach dem Auftritt mit Netanjahu eine Landkarte, in der die Grenzen des künftigen palästinensischen Staates abgebildet werden: Er wäre vollständig von Israel umgeben, der Gaza-Streifen wäre mit dem Westjordanland nur mit einem Tunnel verbunden. Zwei Straßen würden vom Westjordanland nach Jordanien führen, allerdings durch israelisches Staatsgebiet.

Bereits am Dienstagnachmittag kam es zu ersten Protesten im Gazastreifen. Die Palästinenserführung auch im Westjordanland rief zu Demonstrationen auf. Ob diese sich in flächendeckender Gewalt entladen könnten, ist noch unklar. Zumindest im Westjordanland hatten sich die Reaktionen auf Trumps proisraelische Entscheidungen letztlich in Grenzen gehalten.

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