Söder: Werde bei Putin sensibel sein

von Redaktion

CSU-Chef beginnt seine heikle Moskau-Reise – Grüne spöttisch

München – Ungewohnt leise und zurückhaltend hat Ministerpräsident Markus Söder am Nachmittag seine bisher heikelste Auslandsreise angetreten. „Es soll keine Nebenaußenpolitik sein, kein Alleingang, sondern ein sachlich-nüchterner Arbeitsbesuch“, betonte Söder vor dem Abflug nach Moskau. Heute Nachmittag wird er dort auf Russlands Präsident Wladimir Putin und auf Moskaus Oberbürgermeister treffen.

Seine Vorgänger Strauß, Stoiber und Seehofer hatten die Reisen nach Moskau stets mit medialem Trommelwirbel inszeniert. Söder schiebt stattdessen politische Skrupel in den Vordergrund. Er habe mehrfach Kanzlerin Angela Merkel um Rat gefragt, ob er Putins Einladung annehmen solle, sagt er.

Söder will den Eindruck vermeiden, sich einseitig dem Herrscher in Moskau zuzuwenden, statt das belastete Verhältnis zu Amerika zu stabilisieren. In etlichen Gesprächen und Interviews betonte er deshalb vor dem Abflug, Anfang April auch in die USA zu reisen. „Sensibel und politisch achtsam“ werde er in Moskau vorgehen. Insbesondere will Söder mit keinem Wort an den Sanktionen gegen Russland nach der Krim-Annexion rütteln.

Im Kleinen bietet Bayern ein Stipendienprogramm für Studenten an; Söder spricht davon, „die Erfahrung von Freiheit“ nach Russland zu tragen. Im Großen geht es Moskau wohl darum, massive Wirtschaftsprobleme im Land einzudämmen – auch mit dem noch immer wichtigen Handelspartner Bayern.

„Im Kreml merkt man, dass die eigene Popularität zu leiden beginnt, wenn man nur Weltpolitik macht“ und sich zu wenig um die Wirtschaft kümmere, sagt Wolfgang Ischinger, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Er begleitet Söders 15-köpfige Delegation im gecharterten Flieger. Auch Ischinger riet, die Einladung anzunehmen. „Wenn wir nur mit denen reden, mit denen wir keine Probleme haben, dürften wir mit drei Vierteln nicht sprechen.“

Die Opposition ist nicht an Bord. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann äußert sich kritisch: „Außenpolitik wird in Berlin gemacht und nicht in München“, sagt er unserer Zeitung. Wenn Söder selbst aktiv Außenpolitik gestalten wolle, statt nur Merkels Botschaften zu überbringen, „müsste er einen Posten in der Berliner Regierung anstreben“. Womöglich reize es ihn ja doch, „sich als Kanzlerkandidat zu versuchen“.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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