München – Der Umfrage-Absturz der Union ist für die CDU deutlich brutaler als für die bayerische Schwesterpartei CSU. Laut aktuellen Befragungen würde die CDU bei baldigen Neuwahlen über zwei Millionen Stimmen verlieren, also fast jeden sechsten Wähler. Dagegen nehmen sich die drohenden Verluste der CSU eher bescheiden aus. Sie würde nur sechs Prozent ihrer Wähler von 2017 verlieren.
Die unterschiedlich stark ausgeprägten Verluste innerhalb der Union haben nicht unbedingt mit einer größeren Treue der Bayern zu ihrer Dauerregierungspartei zu tun. Manfred Güllner, Chef des Umfrage-Instituts Forsa glaubt, die CSU habe den Schaden für sich auch deshalb deutlich geringer halten können, weil sie sich klarer von der AfD abgrenze.
Die CSU bewerte die AfD „als ,Feind’ und die verloren gegangenen Wähler der liberalen Mitte versuchen die Christsozialen durch konkrete politische Maßnahmen und nicht durch bloße Anbiederung an einen vermeintlich grünen Zeitgeist zurückzugewinnen“, sagt Güllner. Seine These unterscheidet sich deutlich von der verbreiteteren Einschätzung anderer Experten, wonach es Merkels Links-Kurs sei, der der CDU die starken Stimmenverluste bescherte.
Gemeinsam hatten die Unionsparteien bei der Bundestagswahl 2017 ein Ergebnis von 32,9 Prozent erzielt. Die CSU hatte in Bayern 38,8 Prozent der Zweitstimmen geholt. Die CDU kam im übrigen Bundesgebiet, Bayern herausgerechnet, auf 31,8 Prozent. Aus Umfragen im Januar ergab sich laut Forsa-Berechnungen folgendes Bild: Zusammen kämen die Unionsparteien noch auf 28 Prozent, würde jetzt ein neuer Bundestag gewählt. Die CSU dürfte in Bayern noch mit 36 Prozent der Zweitstimmen rechnen, die CDU in den übrigen Bundesländern nur noch mit 26 Prozent.
Für die CDU wäre das ein Verlust von 2,12 Millionen Stimmen gegenüber 2017. Sie verlöre somit 17 Prozent ihrer Wählerschaft. Die CSU müsste sich den Forsa-Zahlen zufolge bei einer baldigen Bundestagswahl auf einen Verlust von nur 169 000 ihrer gut 2,8 Millionen Zweitstimmen von 2017 einstellen.
Damit würde die CDU alleine nur noch drei Prozent vor den Grünen liegen, die laut der jüngsten Forsa-Umfrage bundesweit bei 23 Prozent liegen. In Bayern betrug der Unterschied zwischen CSU und Grünen laut BR-Bayerntrend im Januar noch elf Prozentpunkte.
Was die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen und das neuerlich anstehende Ringen um Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur für die Beliebtheitswerte der Union bedeuten, müssen die nächsten Umfragen zeigen. Die Erhebungen für die Forsa-Auswertung fanden vor den beiden Ereignissen statt.
STEFAN REICH