Der Kampf hat begonnen

von Redaktion

Zweiter Anlauf: Nach seiner Niederlage 2018 will Friedrich Merz erneut als CDU-Chef kandidieren. Der Vorstoß kommt plötzlich –und überrumpelt offenbar beide Unions-Parteien.

VON MARCUS MÄCKLER

München – In der Kunst der unklaren Andeutung hat es Friedrich Merz zu einer gewissen Meisterschaft gebracht – vor allem, was seine Ambitionen betrifft. So hält er es auch am Dienstagabend. Er wolle „persönlich einen Beitrag dazu leisten“, die Union wieder zur Volkspartei zu machen, sagt er beim Jahresempfang des CDU-Wirtschaftsrats Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Es ist seine erste Rede seit dem CDU-Beben von Montag. Was das konkret heißt – Beitrag? Verrät er noch nicht.

24 Stunden später ist klar: Merz, die ewige Hoffnung der Konservativen in der CDU, will es noch mal wissen: Nach 2018 wird er sich zum zweiten Mal für den Parteivorsitz bewerben. Der 64-Jährige sei zur Kandidatur fest entschlossen, hieß es aus seinem Umfeld – und vielleicht zu noch mehr. Der CDU-Politiker und Merz-Unterstützer Christian von Stetten sagte der „Bild“, er glaube, dass sich Merz auch „um die Kanzlerkandidatur bewerben wird“.

Damit hat der Kampf um die Nachfolge von Noch-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer begonnen – gut zwei Tage nach ihrer überraschenden Rückzugsankündigung. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn, der schon 2018 mit Merz um den Parteivorsitz konkurriert hatte, wagt sich gestern ein Stückchen vor. Er sei bereit, Verantwortung zu übernehmen. Über die genaue Konstellation „reden wir jetzt in den nächsten Tagen“.

Auch Merz hatte am Dienstag noch den Eindruck gemacht, als wolle er es ruhig angehen lassen. „Ich möchte, dass wir das in einer anständigen Form untereinander austragen“, sagte er zur Kandidatensuche. „Und ich werde dazu beitragen, dass die anständige Form gewahrt wird.“

Es ging dann doch etwas schneller. Aus seinem Umfeld hieß es gestern, der Ex-Unionsfraktionschef wisse die Parteibasis hinter sich und fühle sich durch Umfragen ermutigt. Dass er bei den CDU-Mitgliedern gut ankommt, ist kein Geheimnis – offenbar trifft das auch für viele Wähler zu. 40 Prozent der Deutschen halten ihn laut einer Civey-Befragung für einen guten Kanzlerkandidaten, dahinter folgt mit nur 13.9 Prozent NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

Der 58-Jährige wird ebenfalls als Kandidat für den Parteivorsitz gehandelt und gilt als ambitioniert – zumal er, anders als Merz und Spahn, dem Lager von Kanzlerin Angela Merkel zugerechnet wird. Sein Vorteil: Ihm haftet nicht der Makel an, wie die beiden anderen schon mal eine Vorsitzenden-Wahl verloren zu haben. Auch der CDU-Spitze wäre ein Parteichef Laschet dem Vernehmen nach lieber. Merz’ Verhalten seit der Schlappe von 2018 kam in Berlin nicht gut an: zu wenig konstruktiver Beitrag, zu viele Rufe von der Seitenlinie, etwa sein Urteil zum Erscheinungsbild der Regierung („grottenschlecht“).

Der Eindruck hat sich seit gestern nicht gebessert – die CDU zeigte sich von Merz’ Ankündigung überrumpelt. Aus Parteikreisen hieß es, man erwarte eine einvernehmliche Lösung der Personalfragen und ein Team, das für die Bundestagswahl antrete – nicht Einzelkandidaten. Auch mit der CSU sei Merz’ Vorgehen nicht abgestimmt.

Klar scheint: Der ursprünglich von AKK anvisierte Zeitplan ist nun nicht mehr zu halten. Sie hatte angekündigt, den Parteitag im Dezember über Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur entscheiden zu lassen – nun ist offenbar ein Sonderparteitag im Mai oder Juni geplant. Die Noch-Chefin will sich nächste Woche mit den Kandidaten für ihre Nachfolge treffen.

Einen anderen sieht sie womöglich schon früher, nämlich am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz: CSU-Chef Markus Söder. Der sträubt sich massiv gegen jede Behauptung, selbst am Kanzleramt interessiert zu sein, hat aber bei der Kür des Kanzlerkandidaten ein Wörtchen mitzureden. Sollte Merz wirklich ohne Absprache mit ihm vorgeprescht sein, könnte das ein Problem sein.

Merz’ wohl stärkster Konkurrent, Armin Laschet, hielt sich gestern vornehm zurück. Die nordrhein-westfälische CDU, der beide angehören, verkündete derweil leicht angesäuert, Laschet halte sich an den in Präsidium und Bundesvorstand abgestimmten Weg. Für ihn stehe der Zusammenhalt der Union im Vordergrund.

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