Papst enttäuscht Reform-Katholiken

von Redaktion

Papst Franziskus hat alle Hoffnungen auf Reformen in der Kirche beendet. In seinem mit Spannung erwarteten Schreiben zur Amazonas-Synode findet sich keine Lockerung der Zölibatspflicht. Weiheämter für Frauen lehnt Franziskus strikt ab. Reformer sind enttäuscht.

VON CLAUDIA MÖLLERS

Vatikanstadt/Bonn – Einen Tag nach seinem angekündigten Rückzug vom Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz hatte Kardinal Reinhard Marx noch eine besondere Aufgabe zu erfüllen: Das Schreiben von Papst Franziskus zur Amazonas-Synode vorzustellen. Eine Aufgabe, die in der Regel dem Vorsitzenden zufällt. Und so musste der Münchner Erzbischof gestern in Bonn ein Papier präsentieren, das auch seine Hoffnungen auf Veränderungen gedämpft haben muss. Denn der Papst stellt keine Lockerung des Pflichtzölibats in Aussicht. Die Hoffnungen vieler Frauen auf ein Weiheamt sind mit dem Papier vorerst begraben.

Wer die Bedeutung und Beteiligung von Frauen in der Kirche nur mit ihrer Zulassung zur Weihe stärken wolle, greife zu kurz und „klerikalisiere“ Frauen, schreibt Franziskus. Bei dem internationalen Bischofstreffen im Herbst war mehrfach die Forderung nach einem Diakonat für Frauen erhoben worden. Eine Anregung der Synode für Ausnahmeregelungen von der verpflichtenden Ehelosigkeit für Priester greift der Papst nicht auf. Im Abschlussdokument hatten die Synodenteilnehmer dafür votiert, in Ausnahmefällen verheiratete Ständige Diakone zu Priestern zu weihen. Dieser Idee erteilt der Papst allerdings auch keine definitive Absage.

In dem 50 Seiten umfassenden Schreiben „Querida Amazonia“ (Geliebtes Amazonien) fordert Franziskus zwar Anstrengungen, um auch in entlegenen Teilen der Amazonasregion häufiger Messfeiern zu ermöglichen. In erster Linie sollten Lateinamerikas Bischöfe aber dafür sorgen, dass ihre Priester tatsächlich in dem Gebiet eingesetzt und entsprechend ausgebildet würden.

Kardinal Marx ist trotzdem davon überzeugt, dass die Diskussion um den Zölibat und die Zulassung von Frauen zum Diakonat nicht vom Tisch ist: „Er macht hier keine Türen zu.“ Franziskus wolle vor zu einfachen Antworten warnen und eine Diskussion anstoßen. Marx hat den Eindruck, es habe den Papst geärgert, dass die Amazonas-Synode, in der es vor allem um die Rechte der indigenen Völker und den Umweltschutz ging, im Westen zu sehr auf die Zölibatsdebatte reduziert worden sei.

Große Enttäuschung herrschte gestern beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) über den Papst. „Leider findet er nicht den Mut dazu, in den seit 50 Jahren diskutierten Fragen der Weihe verheirateter Männer und der liturgischen Kompetenzen von Frauen echte Reformen umzusetzen“, erklärte ZdK-Präsident Thomas Sternberg in Bonn mit Bedauern. Franziskus wage keinen Schritt nach vorne.

Für die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) ist das Papier „ein herber Schlag für alle Frauen, die auf ein starkes Signal zur Gleichberechtigung in der katholischen Kirche gehofft haben“, sagte die stellvertretende kfd-Bundesvorsitzende Agnes Wuckelt in Düsseldorf. Sie nannte es „unerträglich, dass die Amtskirche weiterhin Frauen gleiche Rechte abspricht“ und sie zu Dienstleisterinnen degradiert.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der zu den schärfsten Reform-Kritiker zählt, hat das Papst-Schreiben als ein Dokument der Versöhnung bezeichnet. Franziskus ziehe nach der Amazonas-Synode nicht irgendwelche dramatischen und umstürzenden Konsequenzen.

Kardinal Marx bestritt, dass sein Abgang etwas mit dem päpstlichen Schreiben zu tun habe. Er habe es am Abend zuvor erstmals gesehen. Bei seinem Rückzug habe er nur an sein fortgeschrittenes Alter gedacht. (mit kna/dpa)

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