Laschet setzt sich von Merkel ab

von Redaktion

In dieser Woche will Annegret Kramp-Karrenbauer die Weichen für den neuen CDU-Vorsitz stellen. Doch die Lage ist verfahren. Die Sicherheitskonferenz nutzt derweil manch potenzieller Merkel-Nachfolger, um sich vorzustellen.

VON MIKE SCHIER

München – Emmanuel Macron hatte ein ereignisreiches Wochenende in München. Nicht nur am Samstagvormittag, als sich der französische Präsident auf dem Podium der Sicherheitskonferenz demonstrativ entspannt den Fragen aus dem Publikum stellte. Nein, der Gast aus Paris fühlte am Rande der Siko auch intensiv vor, mit wem er es bald in der Bundeshauptstadt zu tun bekommen könnte. Er traf sich mit CSU-Chef Markus Söder und speiste mit den Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock. Drei Stunden habe das Essen gedauert, hieß es hinterher. Die Grünen freuten sich über „ein langes, intensives, zugewandtes Gespräch“ mit dem mächtigen Präsidenten.

Offenbar registriert man auch in Paris, dass der Machtanspruch der CDU am Ende der Ära Merkel nicht mehr in Stein gemeißelt ist. Im Konrad-Adenauer-Haus dürfte dies den Druck erhöhen, die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer in geordnete Bahnen zu lenken. Doch von einer Lösung, die die gespaltene Partei einen könnte, scheint man weit entfernt. Die drei Kandidaten Friedrich Merz, Armin Laschet und Jens Spahn – allesamt aus Nordrhein-Westfalen – versuchen derzeit hinter den Kulissen, ihre Truppen zu sammeln.

In der CSU registriert man die verfahrene Lage in der Schwesterpartei mit wachsender Sorge. Seit dem Vorpreschen von Friedrich Merz, der am vergangenen Mittwoch sein Umfeld streuen ließ, er sei zur Kandidatur bereit, wird eine Teamlösung immer unwahrscheinlicher. Die „Welt am Sonntag“ berichtete, dass es am Dienstag und Donnerstag zwei Treffen von Merz und Laschet gegeben habe. Demnach versucht Laschet, eine Paketlösung zu schnüren. Doch Merz, der unter einer Kanzlerin AKK wohl bereit gewesen wäre, als Minister in ein Kabinett einzutreten, erteilte seinem Landeschef eine Absage. In dieser Konstellation sieht sich der 64-Jährige offenbar als Nummer 1, zumal er auch in den Umfragen klar vorne liegt.

Mehr Aussichten auf Erfolg hätte dem Bericht zufolge ein Duo Laschet/Spahn. Der erst 39-jährige Spahn, der sich am Sonntagabend, ohne konkret zu werden, dafür aussprach, zügig im Team nach Lösungen zu suchen, könnte unter einem Kanzler Laschet (58) Fraktionschef werden – und wäre der Mann der Zukunft.

Ob es dazu kommt, steht in den Sternen. Selbst Insider wagen keine Prognose. Fest steht nur der Fahrplan für diese Woche: Morgen will sich AKK mit Merz treffen, an den folgenden Tagen dann erst mit Spahn und schließlich mit Laschet. Als sicher gilt, dass Merkel einen Nachfolger Merz unbedingt verhindern will. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, auch AKK und Söder seien keine Fans des Sauerländers, der zuletzt eigens den Aufsichtsratsvorsitz des US-Finanzkonzerns Blackrock geräumt hatte. Auch seine Kolumne für eine Sonntagszeitung stellt er ein.

Am kommenden Montag will AKK dann den konkreten Zeitplan präsentieren. Das Problem: Im Juli übernimmt Deutschland die Ratspräsidentschaft, weshalb viele in der Union einen vorzeitigen Abgang von Angela Merkel als Kanzlerin ausschließen. Umgekehrt besteht Einigkeit, dass eine aktive Kanzlerin und ein gleichzeitiger Kanzlerkandidat in spe keine allzugute Idee ist.

Einen Vorgeschmack auf möglichen Ärger bekam man am Wochenende auf der Siko. Armin Laschet saß dort – übrigens gemeinsam mit der Grünen Annalena Baerbock – am Sonntag auf dem Podium. Laschet gilt eigentlich als Merkel-Vertrauter. Doch gestern fuhr er der Kanzlerin und ihrer Regierung schon mal kräftig in die Parade. „Heute macht der französische Präsident Vorschläge, und wir brauchen relativ lange, ehe man darauf antwortet“, sagte Laschet. Berlin und Paris müssten wieder gemeinsam die EU anführen. Die Groko habe zwar das Motto „Mehr Dynamik für Europa“ im Koalitionsvertrag – „davon hat man die letzten zwei Jahre so viel nicht gemerkt“.

Auf die CDU warten ungemütliche Tage.

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