CSU schraubt Wahlziel nach unten

von Redaktion

Erklärungsversuche und Personalwechsel vor Kommunalwahl – Dobrindt warnt vor grüner Welle

München – Am Montagmorgen übt sich Markus Söder in einer ungewohnten Disziplin – Tiefstapeln. Es werde bei der Kommunalwahl für die CSU sicher kein so gutes Ergebnis wie vor sechs Jahren geben, orakelt der Parteivorsitzende. Die AfD sei stärker als früher, die Freien Wähler hätten in Bayern Regierungsverantwortung übernommen, die Grünen sind im Höhenflug. Hinzu kommt der Ärger aus Erfurt: „Thüringen gibt nicht gerade Rückenwind.“

Die demütige Analyse vor dem CSU-Vorstand ist Teil von Söders Erwartungsmanagement: Vier Wochen vor der Wahl der bayerischen Kommunalpolitiker hat der Parteichef offenbar ein ungutes Bauchgefühl. Je niedriger er die Latte legt, desto leichter kann er ein schlechtes Resultat erklären. Zumal die Konkurrenz mit FW und Grünen ja wirklich erstarkt ist.

Nur – was ist gut, was schlecht? Zwar kommt wieder ein CSU-Resultat für ganz Bayern – es ist vermutlich schlagzeilenträchtig, aber nur bedingt aussagekräftig. 2014 waren das nur 39,7 Prozent, gerechnet auf die Stadträte der kreisfreien Städte und die Kreistage (SPD: 20,7/ Grüne 10,2 / parteiunabhängige Wählergruppen und die Freie-Wähler-Partei knapp 20 Prozent). Das war schon das schlechteste seit einem halben Jahrhundert, blendet aber zigtausend weitere lokale Wahlen im Freistaat aus.

Ein Schlaglicht, aber auch nicht mehr ist der Blick auf die großen Städte: Sollte es die CSU in München etwa nicht mal in die OB-Stichwahl schaffen, gilt das als Niederlage. Hier baute Söder mit Kritik an der lokalen Wahlkampagne schon vor. Andererseits wird öffentlich als gegeben hingenommen, dass die CSU die meisten Landräte stellt, 2014 siegte sie in 44 von 58 Kreisen. Auch diese Zahl könnte sinken. „Das könnten zwei unschöne Sonntagabende werden“, heißt es in der CSU-Spitze mit Blick auf 15. März und den Stichwahl-Termin 29. März.

Aufhorchen lässt, dass die CSU kurz vor der Wahl ihre Hauptgeschäftsführerin austauscht. Die Juristin Carolin Schumacher, die erst vor einem Jahr die Leitung der Parteizentrale übernommen hatte, wird in die Staatskanzlei beordert. Dort die Rechtsabteilung zu führen, ist alles andere als ein Abstieg – allerdings waren mit Schumachers Arbeit auch Teile der CSU-Spitze nicht zufrieden. Lauter wurde das Murren seit dem organisatorisch unglücklichen Quoten-Parteitag 2019.

Mit dem Wechsel der intern beliebten Beamtin ist nun die Parteizentrale männerlastiger als noch unter Seehofer. Ihr Nachfolger wird ab März der frühere Söder-Büroleiter Tobias Schmid. Auf die Kommunalwahl wird das kaum Einfluss haben – die Weichen sind gestellt. Wohl aber auf den Parteitag im Mai und die Organisation des Bundestagswahlkampfs. Die CSU nennt zwar jede kommende Wahl immer die aller-aller-schwierigste, die Lage ist aber tatsächlich eng.

Denn auch hier plagen die CSU düstere Ahnungen. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt habe das im Vorstand deutlich formuliert, berichten Teilnehmer. Die CSU fürchtet, von der CDU runtergezogen zu werden. „Wenn sich die Personaldiskussionen bei der CDU länger hinziehen, führt das dazu, dass die Grünen stabiler wahrgenommen werden, ohne dass sie irgendwas dafür tun müssen.“ Sobald die Grünen in den Umfragen stabil auf Augenhöhe mit der Union angekommen seien, werde es eine „Mobilisierungswelle im linken Lager“ geben, ahnt Dobrindt, „die sich kaum noch aufhalten lässt“.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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