Aachen – Großer Bahnhof gestern Mittag für Armin Laschet in seiner Heimatstadt. Am Bahnsteig 8 des Aachener Bahnhofs steht die Taufe eines ICE auf den Namen „Euregio Maas-Rhein“ an. Das Bahnorchester Altenbeken 1919 spielt das Steigerlied und später die Europahymne. Mehr Symbolik geht kaum. „Von hier aus sind Sie in weniger als drei Stunden in Paris“, sagt Laschet in seinem Grußwort auf dem gut gefüllten Bahnsteig und fügt an: „Das ist schneller als in Berlin.“ Wenn man denn dahinwill…
Nach der Zugtaufe nimmt Laschet Platz im Führerstand. Es ist nicht seine erste ICE-Taufe, doch er lässt sich Zeit im Cockpit. Die Medien bekommen ihre Bilder – vom Politiker ganz vorne am Schalthebel. Was sagt Laschet zur Äußerung von CSU-Chef Markus Söder, dass die Entscheidung über den CDU-Vorsitz noch keine über die Kanzlerkandidatur sei? Er habe das am Sonntagabend zum ersten Mal gehört, sagt er unserer Redaktion. Es gehe darum, mit der CSU einen guten Weg zu finden. „Man muss so vieles abwägen“, macht Laschet deutlich, dass die Partei gut beraten sei, sich Zeit zu lassen. In der ersten Wochenhälfte werde er mit Annegret Kramp-Karrenbauer sprechen. Mit Jens Spahn und Friedrich Merz habe er sich bereits ausgetauscht.
Seit dem angekündigten Rückzug von AKK wird unter Christdemokraten viel telefoniert. Die möglichen Nachfolgekandidaten – neben Laschet Gesundheitsminister Spahn und der frühere Unionsfraktionschef Merz – „sammeln ihre Truppen“, wie es ein Parteimitglied nennt. Der Ausgang sei offen. Viele an der Basis sind begeistert von Merz, doch in der Partei und noch mehr in der Bevölkerung gibt es viele, die den Sauerländer strikt ablehnen. Laschet trauen sie am ehesten zu, die Strömungen in der Partei zu einen.
Doch während Merz seine Bereitschaft deutlich formuliert hat, zögert der 59-Jährige. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz sagte Laschet auf die Frage des Moderators „Düsseldorf oder Berlin?“ nach kurzer Bedenkzeit „Aachen“. Typisch: Wenn es knifflig wird, hilft Humor.
Laschet hat allerdings Gründe, noch nicht alle Karten auf den Tisch zu legen. Als Ministerpräsident hat er von den Kandidaten am meisten zu verlieren. Viele offene Fragen und ungewisse Faktoren erschweren seine Entscheidung. Nicht nur die von Söder aufgeworfene Frage, ob der AKK-Nachfolger zwingend Kanzlerkandidat wird. Bleibt Angela Merkel bis 2021? Lässt sich ein Merz einbinden? Kann ein Parteichef und Kanzlerkandidat zugleich NRW-Ministerpräsident sein? Gäbe es bei einer Niederlage in Berlin für Laschet ein Rückfahrticket? Karriere-Ende mit 60?
Keine Frage, am wohlsten fühlt sich Laschet im Westen. Hier, so betont er bei der ICE-Taufe, habe man geschafft, was Europa noch nicht hinbekommen habe: fünf Regionen und drei Nationen vereint als „Euregio Maas-Rhein“. Der Termin an Gleis 8 hat Symbolcharakter: Laschet ist überzeugter Europäer. Die Zusammenarbeit mit Frankreich bedeutet ihm sehr viel. Der CDU-Politiker ist Bevollmächtigter der Bundesrepublik für kulturelle Beziehungen zu Frankreich. Auch um die politischen Beziehungen würde er sich liebend gerne kümmern. Mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versteht er sich gut. Aber könnte Laschet auch mit Putin oder Trump?
Als Laschet beim nächsten Termin am Nachmittag in das Stadthaus in Düren kommt, läuft „Rockin’ All Over the World“ von Status Quo. Kinderprinzenpaare und Kinderdreigestirne aus ganz NRW sind hier, um den Karnevalsorden des Landes zu erhalten. „Das ist einer der schönsten Termine in dieser Woche“, sagt Laschet. Man sieht ihm an, dass er das genau so meint. Trotz der politischen Lage nimmt er sich mehr als zwei Stunden Zeit für die kleinen Karnevalisten. Hier ist er ganz Landesvater.
Das CDU-Präsidium tagt in Sachen Parteivorsitz übrigens am kommenden Montag. In Berlin. „Das ist völlig bescheuert“, sagt Laschet zu den Kindern in Düren. Weil dann Rosenmontag sei. Der Rheinländer kann eben nicht aus seiner Haut.