AfD will verbal abrüsten

von Redaktion

Parteichef Chrupalla fordert „Selbstreflexion“ von allen Parteien

München – Es sind Sätze, wie man sie aus der AfD bisher nicht kennt. Die Morde von Hanau seien entsetzlich, die Tat, „um es ganz deutlich zu sagen“, ein „rassistisches Verbrechen“. Weiter unten wird es dann richtig interessant. Die AfD müsse sich fragen, warum es politischen Gegnern gelinge, „uns mit solch einem Verbrechen in Verbindung zu bringen. Dieser Frage müssen wir uns stellen, auch wenn es schwerfällt.“

Es ist ein im Ton bewusst gedämpfter Aufruf zur Selbstkritik, den die AfD-Chefs Tino Chrupalla und Jörg Meuthen am Sonntag bei Facebook veröffentlichen. Sie bleiben nicht die Einzigen – Alexander Gauland versucht es tags darauf ebenfalls mit Mäßigung. Nun müssten alle Parteien verbal abrüsten, sagt der Chef der Bundestagsfraktion und gesteht: „Auch wir haben uns manchmal in der Wortwahl vergriffen.“

Damit reagiert die Parteispitze auf die scharfe Kritik, die nach den rassistisch motivierten Morden in Hanau auf die AfD eingeprasselt war. Ihr wurde vorgeworfen, durch ihre rechtspopulistische Rhetorik ein aufgeheiztes Klima geschaffen zu haben, in dem Taten wie Hanau, der Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke oder der Anschlag auf eine Synagoge in Halle erst möglich geworden sind.

Statt auf den Vorwurf einzugehen, stellte die AfD den Anschlag von Hanau aber tagelang als „wahnhafte Tat eines Irren“ (Meuthen) dar und witterte eine Kampagne gegen sich. Auch Gauland nannte den Attentäter zunächst einen geistig Verwirrten ohne politisches Motiv. Gestern relativierte er seine Einschätzung: „Auch ein krankes Hirn kann eine rassistische Motivation haben.“

Nach Hanau war der Druck auf die AfD stark gewachsen. Zuletzt forderten mehrere Politiker die Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz. Bei der Bürgerschafts-Wahl am Sonntag in Hamburg musste die Partei Verluste wegstecken und kam nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde – womöglich auch eine Folge der Diskussion rund um Hanau.

Chrupalla forderte gestern auch die politischen Gegner auf, an sich zu arbeiten. Selbstreflexion müsse nicht nur die AfD betreiben, sondern auch alle anderen Parteien, „die uns permanent als Nazis und Faschisten bezeichnen“, sagte er. In der AfD gebe es „keinen Rechtsextremismus“. Am derzeitigen gesellschaftlichen Klima hätten alle Parteien ihren Anteil. MARCUS MÄCKLER

Artikel 4 von 11