Ein neuer Chef für Bayerns Beamte

von Redaktion

Nachtigall dürfte BBB von Habermann übernehmen – Der eher wenig konfrontative Stil soll bleiben

Nürnberg/München – Vor der Landtagswahl 2018 hatte Markus Söder eine kleine Zauberformel erfunden. Mit drei großen „B“ wollte er Bayern gewinnen: „Beamte, Bauern, Bürgermeister“. Diese drei Gruppen analysierte er als Schlüsselfaktoren für einen Wahlerfolg, richtete viel daran aus. Der Wahlabend lief für ihn wenig zauberhaft, doch die „B“ stehen mehr im Mittelpunkt denn je: Die Bauern protestieren, die Bürgermeister sind gerade in der Kommunalwahl so umkämpft wie nie – und die Beamten sind wegen Söders Behörden-Umbau und Grundschul-Plänen in Unruhe.

Jetzt steht ausgerechnet bei den Beamten auch noch ein zentraler Chef-Wechsel an. Der Vorsitzende des Beamtenbundes, Rolf Habermann, tritt nach 18 Jahren in diesem Amt in Ruhestand, in zwei Wochen wird ein Nachfolger gewählt. Die Personalie ist kaum zu unterschätzen. Der Chef der Beamten-„Gewerkschaft“ prägt das Klima zwischen Regierung und Beamten, bei Tarifabschlüssen, im Streit um Überstunden, Arbeitszeit, Behördenverlagerungen. Wenn die Beamten mal rebellieren, man denke an die großen Demonstrationen im winterlichen Wildbad Kreuth 2003/04, brennt bei der CSU der Baum lichterloh.

Habermann (66) gelang dabei ein wundersamer Spagat: Der gelernte Lehrer, eigentlich Rektor einer Schule in seiner Heimat Kronach, suchte fast nie die offene Konfrontation. Das Handeln der Staatsregierung begleitete er meist wohlwollend, dazu ein paar mahnende Nebensätze. Auch für die jüngste Stufe der Behördenverlagerung, die etwa Teile der Münchner Richterschaft auf die Barrikaden bringt, äußerte er öffentlich Sympathie. Materiell holte er für Bayerns Beamte aber mehr raus als die Kollegen in allen anderen Ländern. Laut einer BBB-Statistik verdienen bayerische Beamte schon im ersten Jahr 3200 bis 9250 Euro mehr als die Kollegen in anderen Ländern, jeweils verglichen mit dem Schlusslicht.

Seit Mitte der Woche ist intern nun klar, wer ihm folgt. Bei einer Sitzung des Hauptvorstands meldete einzig der Polizei-Gewerkschafter Rainer Nachtigall (55) eine Kandidatur an. Die einflussreichen Lehrerverbände im BBB sollen sich hinter ihn gestellt haben. Eine Kampfkandidatur – intern vereinzelt befürchtet – bleibt aus.

Für die Staatsregierung hieße das: vorerst keine offene Rebellion. „Der Weg und die Ausrichtung, die Rolf Habermann vorgenommen hat, war erfolgreich für die Kollegen“, sagt Nachtigall. „An dem Kurs gibt es nichts zu ändern.“ Der Nürnberger (CSU-Stadtrat, verheiratet, eine erwachsene Tochter) führt seit 2017 den Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft. Der Stil ähnelt sich. Selten rügte er die Staatsregierung. Als er es tat, im Streit um Nachtzulagen und um Zulagen bei den heiklen Abschiebeflügen, drehte die CSU/FW-Koalition binnen weniger Wochen bei. Die Forderungen der Polizisten wurden zum Teil erfüllt. „Wir haben versucht, das im Gespräch zu lösen“, sagt Nachtigall. „Ich habe da mal die Stimme erheben müssen. Dann gab es einen Kompromiss.“

Zur Wahrheit zählt: In Jahren prall gefüllter Kassen war das Verhandeln einfacher. In CSU-Kreisen wird geraunt, wenn die exorbitanten Mehrausgaben von Söder (und der Seehofer-Regierung davor) auf eine Konjunkturflaute treffen, müsse man auch wieder übers Sparen reden. Womöglich kommen auf Nachtigall und Söder auch mal unangenehmere Gespräche zu.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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