Hoffen auf einen Impfstoff

von Redaktion

Virologe rechnet andernfalls mit monatelangen Schließungen

Berlin – Das Coronavirus wird ohne Impfstoff oder wirksame Medikamente in Deutschland noch über Monate hinweg für Einschränkungen im öffentlichen Leben sorgen. Davon geht der Virologe Christian Drosten aus. Der Leiter der Virologie an der Berliner Chartié erläuterte in seinem täglichen NDR-Podcast jetzt mehrere mögliche Szenarien, die er aus einer Studie aus England ableitet.

Die Forscher des Imperial College haben die Wirksamkeit bestimmter Maßnahmen berechnet. Schließungen von Schulen und Universitäten müssten demnach fünf Monate lang anhalten. Andernfalls kehre die Infektion als Welle im Winter zurück.

Ein anderes Szenario, so Drosten, sei die Lockerung von Schließungen und Kontaktvermeidung ab einem Rückgang der Fallzahlen unter einen bestimmten Punkt – und Wiedereinsetzung bei erneutem Anstieg. Allerdings würden die Berechnungen auch ergeben, dass man diese Methodik der zeitweisen Aufhebung über zwei Jahre hinweg durchziehen müsste.

Die positive Botschaft der Studie sei, dass es schaffbar sein könnte, die Fallzahlen in den frühen Sommermonaten so weit zu senken, dass das Gesundheitssystem nicht überstrapaziert werde und alle Patienten gerade so versorgt werden könnten. Dennoch findet es Drosten zwingend nötig, schnell einen Impfstoff oder Medikamente zur Behandlung verfügbar zu haben. Die müssten gar nicht für die ganze Bevölkerung reichen. Aber für die Risikogruppen bräuchte es schnelle Lösungen.

„Mein persönlicher Schluss: Wenn wir das als Gesellschaft in einer Art schaffen wollen, dass wir nicht eine erhöhte Todesrate in der älteren Bevölkerung akzeptieren wollen, dann müssen wir wahrscheinlich regulative Dinge außer Kraft setzen, was Impfstoffe angeht, und schauen, wo wir einen Impfstoff herbeizaubern, der schon relativ weit entwickelt ist.“

Was Drosten meint: Sollte ein Kandidat für einen Impfstoff in Sicht sein, solle man ihn bei Risikogruppen, etwa älteren Menschen, schneller einsetzen dürfen als sonst üblich, also ohne jahrelange klinische Studien. Die Haftung für die damit verbundenen Risiken müsse der Staat übernehmen. STEFAN REICH

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