Kliniken fordern Hilfe und Führung

von Redaktion

Ein Münchner Klinik-Chef fordert, dass der Staat die Krankenhäuser durch die Krise führt. Neben dem Ausnahmezustand fürchten viele Häuser zudem ein finanzielles Desaster.

VON S. DOBEL, B. WEGNER UND S. HORSCH

München – Der Aufschrei war laut. Nach heftiger Kritik der Krankenhäuser bessern Bund und Länder das geplante Milliardenpaket für die Kliniken in der Corona-Krise nach. Der Bund soll zudem erweiterte Befugnisse beim Seuchenschutz bekommen. Das Recht von Gesundheitsbehörden zur Handyortung soll anders als ursprünglich geplant zunächst nicht dazugehören.

Die Einrichtungen sollen nun für jedes Bett, das wegen der Verschiebung planbarer Behandlungen erst einmal frei bleibt, 560 Euro pro Tag erhalten, wie es am Sonntag aus Regierungskreisen hieß. Ursprünglich waren 410 bis 540 Euro je nach Klinikgröße geplant gewesen. Für jede neue intensivmedizinische Einheit mit Beatmungsmaschine sollen die Kliniken 50 000 statt wie zunächst geplant 30 000 Euro erhalten. Befristet für acht Wochen soll ein Zuschlag je Patient in Höhe von 50 Euro gezahlt werden. Reha-Einrichtungen sollen auch Nicht-Corona-Patienten aufnehmen können. Die jeweiligen Summen sollen je nach Entwicklung kurzfristig angepasst werden können.

Ulf Ludwig, CEO der Medical Park Klinikgruppe, hält das für zu wenig. Die Umsatzeinbußen machten „einen wirtschaftlichen und kostendeckenden Betrieb unmöglich. Tausende von Arbeitsplätzen bei uns und den Kollegen der Branche sind akut in Gefahr.“ Auch andere klagen: „Wir tun alles, um zu helfen. Dieses Gesetz aber ist – trotz Nachbesserungen am Wochenende – ein Todesurteil für die deutschen Krankenhäuser“, sagt Franz Hafner, Geschäftsführer des Asklepios-Klinikums in Bad Abbach bei Regensburg.

Und die finanziellen Probleme sind nur das eine. Der Chef der München Klinik, Axel Fischer, fordert die Politik in Bayern und im Bund dringend auf, bei der Vorbereitung der Krankenhäuser auf eine Vielzahl schwer kranker Patienten noch stärker die Führung zu übernehmen. Die Politik hätte früher schon alle nicht notwendigen Operationen auch an privaten Krankenhäusern untersagen müssen, sagt Fischer. Trotz der ernsten Lage seien teils bis jetzt nicht unbedingt notwendige Operationen durchgeführt worden, Knie-OPs- und sogar Schönheits-OPs. „Das halte ich für einen Skandal. Wer jetzt noch nicht den Knall gehört hat, dem ist nicht zu helfen.“ Zudem sei dabei Material verbraucht worden, das in den nächsten Wochen fehlen werde.

„Wir haben meines Erachtens noch höchstens zwei Wochen Zeit, uns auf das, was kommen wird vorzubereiten“, sagt Fischer mit Verweis auf die steigenden Infektionszahlen. „Dann rauschen wir in sehr schwierige Zeiten hinein.“ Mitte April bis Mai rechne er mit der zunächst dramatischsten Phase. Es sei absehbar, dass auch in Bayern die Kapazitätsgrenze erreicht und wahrscheinlich überschritten werde. „Unsere Mitarbeiter werden über sich hinauswachsen müssen“, sagt Fischer.

Zudem gebe es weiter Krebskranke oder Patienten mit Schlaganfall oder Herzinfarkt. Auch sie müssten versorgt werden. Es müsse dann eine Arbeitsteilung zwischen den Kliniken in Deutschland geben, die bisher in dieser Form in der täglichen Praxis nicht existent sei. „Auch dafür ist die ordnende Hand des Staates gefragt“, sagt Fischer.

Der Freistaat müsse nun feststellen, wo wie viele Betten zur Verfügung gestellt werden könnten und welches Krankenhaus welche Anzahl von Fällen übernehmen müsse. Teils werde derzeit unkoordiniert versucht, „irgendwie an Material zu kommen“. „Auch das muss jetzt in die Hand des Staates genommen werden.“ Denn: „Wir werden die Materialien sonst nicht an die richtigen Stellen bekommen.“ Der Preis sei mittlerweile ohnehin egal. Die München Klinik habe zwar 200 Beatmungsgeräte bestellt, sie seien aber nicht sofort lieferbar.

Zudem werde in den Kliniken weiter gestohlen: Mundschutz, Desinfektion – und auch Klopapier. Es gebe viel zu wenig Labortests. Auch hier sei eine Priorisierung nötig. Der Staat müsse zudem die privaten Labore verpflichten. Andernfalls drohten chaotische Zustände.

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