KOMMENTAR

Paradoxe Fehleinschätzung

von Redaktion

FRIEDEMANN DIEDERICHS

Je größer die Corona-Krise, desto populärer der US-Präsident. Donald Trump, der das Bedrohungspotenzial durch das Coronavirus viel zu lange unterschätzte, sieht sich derzeit im Höhenflug der Zustimmung. Noch nie seit Amtsantritt fanden die US-Bürger, glaubt man Demoskopen, das Handeln Trumps so gut wie im Augenblick. Wie kann es zu einer solchen paradox-eklatanten Fehleinschätzung des Volkes kommen? Noch im Februar hatte sich der Präsident über das Virus lächerlich gemacht, die „Fake News“-Medien attackiert und versprochen, in wenigen Tagen werde man bei „null Fällen“ landen. Nun erlebt das Land eine Corona-Apokalypse.

Dennoch scharen sich viele Bürger hinter Trump – wohl auch, weil in Krisenzeiten starke Persönlichkeiten gefragt sind, gelegentlich ungeachtet ihrer Kompetenz. Schon jetzt hat sein mutmaßlicher Herausforderer Joe Biden, vom tapferen Bernie Sanders kaum mehr einzuholen, viel Mühe damit, sich gegen die Omnipräsenz Trumps zu behaupten. Es wäre deshalb ein Treppenwitz der Geschichte, würde Trump wegen der Corona-Krise, an deren Verschärfung er maßgeblich Anteil hat, im November wiedergewählt werden.

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