München – Die Zahl der Corona-Fälle, die in Bayerns Krankenhäusern aufschlagen, nimmt stetig zu – sowohl in den Intensivstationen als auch insgesamt. Noch ist die Situation in den Kliniken aber gut beherrschbar, sagt Siegfried Hasenbein, der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG). „Wir rechnen jetzt bereits seit über zwei Wochen mit dem Ansturm.“
Die Vorbereitungen auf den Höhepunkt der Epidemie laufen. An ihre Grenzen geraten viele Kliniken laut Hasenbein, wenn es darum geht, selbst zusätzliche Beatmungsgeräte zu organisieren. „Da gibt es eine Riesennachfrage“, sagt der BKG-Chef. Das Angebot sei entsprechend gering. Auch das bayerische Gesundheitsministerium arbeitet unter Hochdruck an der Beschaffung zusätzlicher Geräte. „Erste Bestellungen sind bereits vor Wochen in Auftrag gegeben worden, bisher haben wir über 1400 Geräte bestellt“, sagte gestern Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Zudem seien bereits 104 Heimbeatmungsgeräte von unterschiedlichen Lieferanten an neun Krankenhäuser geliefert worden.
Ähnlich schwierig ist die Lage noch immer auch bei der Versorgung mit Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken oder Kitteln. „Wenn nicht bald eine nennenswerte Lieferung kommt, bekommen wir einen Engpass“, sagt Hasenbein.
Besser sieht es inzwischen bei den Intensivbetten aus. Deutschlands Kliniken haben es geschafft, die Zahl der Intensivbetten von etwa 28 000 auf rund 40 000 zu erhöhen. „Es wird improvisiert“, sagt BKG-Chef Hasenbein. OP-Räume und Aufwachsäle würden zu Intensivstationen umgebaut. Auch in Bayern wurde so die Zahl der Intensivbetten in den letzten zwei Wochen von 3600 (2600 mit invasiver Beatmungsmöglichkeit) auf gestern 4300 (3000 mit invasiver Beatmungsmöglichkeit) gesteigert. In jedem Regierungsbezirk seien (Stand Dienstag) noch mehr als 100 freie Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit vorhanden, teilte Gesundheitsministerin Huml auf Anfrage mit.
Beachtlich ist das auch, weil Deutschland im internationalen Vergleich schon vor der Corona-Krise gut da- stand. Bundesweit kamen 33,9 Intensivbetten auf 100 000 Einwohner, zeigt eine Erhebung des Statistischen Bundesamts. In Bayern sind es rund 31 Intensivbetten pro 100 000 Einwohner. Und wie beschrieben, werden in beiden Fällen die Kapazitäten derzeit massiv ausgebaut.
Auch Österreich weist mit 28,9 Intensivbetten je 100 000 Einwohner demnach eine hohe Dichte auf. Deutlich geringer sind die Kapazitäten in den stark von der Corona-Pandemie betroffenen Staaten Spanien mit 9,7 und Italien mit 8,6 Intensivbetten je 100 000 Einwohnern.
Unterdessen berichten deutsche Krankenhäuser wie die Berliner Charité von einem deutlichen Rückgang der zu versorgenden Schlaganfall- und Herzinfarktpatienten seit Beginn der Corona-Pandemie. Doch verschoben würden nur Eingriffe, bei denen es vertretbar sei, betont Hasenbein. Wer zum Beispiel einen Schlaganfall, Herzinfarkt oder Unfall erleide, werde weiter vollwertig behandelt. „Auch die Versorgung von Nicht-Covid-Patienten ist sicher, und derzeit gibt es da auch keine Engpässe“, sagt Hasenbein.
Wenn das System von der Masse an schwer erkrankten Patienten tatsächlich überfordert werden sollte, könne das womöglich in ein paar Wochen anders aussehen. „Dann müsste man Entscheidungen treffen“, sagt Hasenbein. Allerdings komme es auch im Routinebetrieb vor, dass alle Intensivbetten belegt sind und ein weiterer Notfall reinkommt – „wenn auch selten“. SEBASTIAN HORSCH