Berlin – Mehrere hundert Menschen haben sich am Samstag in Berlin zu einer sogenannten „Hygiene-Demo“ auf dem Rosa-Luxemburg-Platz versammelt. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, da die Demonstration wegen der Corona-Schutzverordnung nicht genehmigt war. Insgesamt wurden bei 105 Personen die Ausweise kontrolliert und Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren eingeleitet. Dabei ging es um Verstöße gegen die Corona-Verordnung, aber auch um die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Angriffe und Körperverletzungen. Fünf Polizisten wurden leicht verletzt.
Das Berliner „Bündnis gegen Rechts“ hatte zuvor vor einer Teilnahme an der zum fünften Mal stattfindenden „Hygiene-Demo“ gewarnt. Unter den Teilnehmern der Demonstration für Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit befänden sich Verschwörungstheoretiker, Akteure der Neuen Rechten und verurteilte Holocaustleugner.
Auf dem Platz versammelten sich laut Polizei bis zu 300 Personen, die nicht immer auf den erforderlichen Mindestabstand achteten. Um eine Überfüllung zu vermeiden, wurde im Verlauf der Zugang zum Platz gesperrt. Dadurch sammelten sich in den angrenzenden Straßen zum Teil mehrere hundert Personen.
Unterdessen hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) die Debatte um die richtige Antwort auf die Corona-Krise weiter befeuert. „Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig“, sagte Schäuble dem „Tagesspiegel“. Wenn es überhaupt einen absoluten Wert im Grundgesetz gebe, sei das die Würde des Menschen. „Die ist unantastbar. Aber sie schließt nicht aus, dass wir sterben müssen“, betonte der Bundestagspräsident. Der Staat müsse für alle die bestmögliche gesundheitliche Versorgung gewährleisten. „Aber Menschen werden weiter auch an Corona sterben“, sagte Schäuble. Der CDU-Politiker warnte angesichts der andauernden einschneidenden Gesundheits-Maßnahmen vor einem Kippen der Stimmung in der Bevölkerung. „Es wird schwieriger, je länger es dauert.“ Er wandte sich zudem dagegen, allein Virologen die Entscheidungen zu überlassen. Es müssten auch „die gewaltigen ökonomischen, sozialen, psychologischen und sonstigen Auswirkungen“ abgewogen werden. „Zwei Jahre lang einfach alles stillzulegen, auch das hätte fürchterliche Folgen.“
Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) machte deutlich, dass sie die Sorgen von Bundeskanzlerin Angela Merkel um eine zu starke Lockerung der Corona-Maßnahmen nicht nachvollziehen kann. „Je länger die Einschränkungen andauern, umso gründlicher und ausführlicher müssen sie begründet werden“, so Lambrecht.
Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) warnte dagegen vor einem Wiederaufflammen der Pandemie. In einem solchen Fall „müsste es einen zweiten Lockdown geben, der mit Sicherheit schärfer wird als der erste“.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mahnte Handeln an: „Wenn der Staat aufgrund einer Pandemie das öffentliche und wirtschaftliche Leben fast vollständig lahmlegt, dann muss der Staat auch Konzepte haben, um es wieder hochzufahren“.