Mittelberg – Der erste offizielle Besuch außerhalb Wiens seit Beginn der Corona-Krise hat Österreichs Kanzler Sebastian Kurz jubelnde Mengen – und heftige Kritik eingebracht. Der konservative Politiker war am Mittwoch im Kleinwalsertal ohne Mundschutz unterwegs. Außerdem wurde der dort geltende Sicherheitsabstand von einem Meter (in Deutschland: 1,5 Meter) vielfach nicht eingehalten. Von dem Besuch kursierten am Donnerstag Aufnahmen im Internet. Zu sehen ist, wie Besucher und teils auch Politiker ohne Maske eng beieinander sind. Kurz beugt sich für Selfies nahe zu Passanten hin.
Ein Abgeordneter der liberalen Partei Neos kündigte an, Anzeige zu stellen. „Ich gehe davon aus, dass die Verordnung im Kleinwalsertal genauso gilt wie in Wien“, sagte Sepp Schellhorn. In Wien würden Menschen wegen kleiner Vergehen gegen die Corona-Regeln hart bestraft. Die SPÖ will den Vorfall parlamentarisch aufgreifen.
Die Gemeinde im Kleinwalsertal hatte auf Facebook dazu aufgerufen, für Kurz die Häuser zu beflaggen und „Bekundungen entlang der Walserstraße“ zu zeigen. Eigentlich war nur ein interner Arbeitsbesuch geplant.
Das Kanzleramt antwortete auf die Kritik, obwohl man sich bemüht habe, sei von Bewohnern und Medienvertretern „teilweise der Mindestabstand leider nicht eingehalten“ worden. Kurz habe auf der Straße mehrmals darum gebeten, die Abstandsregeln zu beachten. Tatsächlich ist auf Video-Mitschnitten zu hören, wie Kurz wiederholt auf höfliche Art bittet: „Da müssten’S a bissel auseinander gehen.“ Später ruft er ohne Mikrofon von einer Bühne: „Ich bitt euch alle, a bisserl Abstand zu halten, so gut als möglich.“ Die Menge, vom Kanzler begeistert und fahnenschwenkend, quittierte das eher heiter, Kurz fasste nach: Man dürfe trotz sinkender Zahlen nicht leichtfertig werden. „Dass es einen zweiten Lockdown gibt, wollen wir alle nicht erleben.“
Das Kanzleramt bekräftigt: „Egal ob man den Bundeskanzler oder Freunde auf der Straße trifft: Der Abstand ist einzuhalten.“ Mit der Maske halte es Kurz in den Bundesländern nicht anders als in Wien: Bei Bewegungen in geschlossenen Räumen trage er Mund-Nasen-Schutz, im Freien nicht. Der vereinbarte Termin mit den Gemeindevertretern von Mittelberg habe in zwei kleinen Runden und mit einem Sicherheitsabstand von zwei Metern stattgefunden. cd/dpa