Berlin – Die Corona-Krise reißt ein riesiges Loch in die Staatskassen. Erstmals seit der Finanzkrise 2009 sinken die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht die Regierung aber gewappnet, die schweren Finanz-Folgen der Krise zu bewältigen. „Wir brauchen nicht gegen die Krise ansparen und wollen es auch nicht“, sagte Scholz in Berlin. Es sollten keine Leistungen etwa im Sozialen gespart werden. Auch kein geplantes Projekt müsse gestrichen werden. Die Bundesregierung wolle mit einem Konjunkturprogramm die Wirtschaft wieder ankurbeln.
Die Steuerschätzer rechnen damit, dass Bund, Länder und Kommunen heuer mit 98,6 Milliarden Euro weniger auskommen müssen als noch im November vorhergesagt. Problem: Das Geld ist bereits in den Haushalten verplant. Scholz sagte, die Regierung werde Anfang Juni ein Konjunkturprogramm vorlegen, das im Zuge der schrittweisen Corona-Lockerungen neuen Schwung für die Wirtschaft bringen solle.
Das Programm dürfte Milliarden kosten, Scholz wollte aber nichts zum Volumen sagen. Die Regierung könne sich zudem das, was sie sich vorgenommen habe, weiter leisten. Dazu gehöre auch die Grundrente, die in der Koalition umstritten ist. Scholz deutete außerdem an, der Bund könne höhere Zuschüsse für Sozialkassen leisten.
Politisch heißt das: An die Erfolgsgeschichte eines seit 2014 ausgeglichenen Bundeshaushalts ist vorerst nicht mehr zu denken. Der Prognose zufolge sinken die Steuereinnahmen noch drastischer als in der Finanzkrise. In diesem Jahr summiert sich das zum einen durch Gewinneinbußen, Umsatzrückgang und Kurzarbeit. Teile des Rückgangs für 2020 sind darauf zurückzuführen, dass der Bund großzügige Regelungen zu Steuerstundungen und Verlustrücktrag eröffnet hat. Diese Maßnahmen werden in den Folgejahren aber helfen, denn die zusätzliche Liquidität vieler Unternehmen sicherte ihren Fortbestand und damit Steuereinnahmen. Bis 2024 stehen dem Staat laut Schätzung rund 315,9 Milliarden Euro weniger zur Verfügung als erwartet.
Die Grundlagen der Rechnung: Die Bundesregierung erwartet, dass die Wirtschaft heuer um 6,3 Prozent schrumpft, schwerste Rezession der Nachkriegsgeschichte. Damit sinken die Ertragssteuern massiv. Ein Beispiel: Sind Millionen Menschen in Kurzarbeit, kommt viel weniger Lohnsteuer in die Kasse. Zugleich verringert sich die private Kaufkraft, es gibt starke Einbrüchen beim Mehrwertsteueraufkommen. Die Steuerschätzer gehen für 2020 von einem Rückgang der Bruttolöhne um 1,5 Prozent aus. Ein so hohes Minus hat es seit der deutschen Einheit noch nicht gegeben.
Aus der Union kam die Mahnung, den Haushalt schrittweise zu konsolidieren, um die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Von den Grünen kam die Forderung nach einer Investitionsoffensive. Linke machen sich für eine Vermögenabgabe stark.
Heute stellt Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) eine regionalisierte Schätzung vor. Er rechnet mit 5,5 Milliarden Euro Mindereinnahmen bei einem 60-Milliarden-Haushalt. Bayern sei gut für den Weg durch die Krise gerüstet. Einspar-Pläne wird es erst mittelfristig geben. Soziale Leistungen, unter der aktuellen Regierung eingeführt, könnten gedeckelt werde. Vermutlich werden auch Großprojekte ergebnisoffen hinterfragt. Bis gestern blieben die Mehrausgaben für Notprogramme und die Nachfrage nach dem bayerischen Corona-Rettungsfonds aber weit hinter den schlimmsten Befürchtungen zurück. dpa/cd/bms