Berlin – Im Kampf gegen die Folgen der Corona-Krise spricht sich die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer gegen Steuererhöhungen aus. Ihren „vollen Respekt“ hätten vor allem die Familien, denen sie weitere finanzielle Hilfen in Aussicht stellt. Unzufrieden sei sie mit Finanzminister Olaf Scholz von der SPD, sagt Kramp-Karrenbauer im Interview.
Frau Kramp-Karrenbauer, Wachstum und Steuereinnahmen brechen ein. Welchen Plan hat die CDU gegen die Wirtschaftskrise?
Der Kampf gegen Corona ist ein Marathon. In den ersten akuten Wochen haben wir viele Firmen unterstützt mit einem gewaltigen Paket aus Soforthilfen und Krediten. Jetzt geht es darum, die Wirtschaft wieder hoch zu fahren. Aber das Konjunkturpaket kann nicht die einfache Rückkehr in die Zeit vor Corona sein. Wir müssen eine Zukunft nach Corona schaffen.
Wie sieht die Zukunft aus?
Wir reden nicht nur über die Unterstützung einzelner Branchen. Es muss um insgesamt bessere Rahmenbedingungen gehen. Mir ist auch wichtig, bürokratische Hemmnisse abzubauen, schneller zu planen und bei der Digitalisierung und klimafreundlichen Technologien voranzukommen.
Bedeutet das nicht auch noch mehr Schulden? Kann sich der Staat das leisten?
Die CDU ist ja von manchen kritisiert worden, weil für uns die Schwarze Null so wichtig ist. Jetzt sehen wir, wie wichtig so ein Polster ist. Wir sorgen nun dafür, dass aus den Schulden Investitionen werden, die langfristig unsere Wirtschaft tragen. So entstehen Wachstum und Steuereinnahmen, mit denen Schulden abgebaut werden. Das sind wir der nächsten Generation schuldig.
Schließen Sie Steuererhöhungen aus?
Ich sehe nicht, wie Steuererhöhungen dazu beitragen könnten, dass Betriebe investieren und Menschen Geld ausgeben. Beides ist aber wichtig, damit die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt.
Olaf Scholz hat einen 57-Milliarden-Plan für die klammen Kommunen vorgestellt. Geht die Union da mit?
Investitionen der öffentlichen Hand brauchen starke Kommunen. Das ist in der Koalition unbestritten. Dafür steht auch die CDU. Die Vorschläge von Olaf Scholz sind allerdings nicht wirklich neu und haben in der Vergangenheit nur wenige überzeugt. Die Pläne können von der Union nur beurteilt werden, wenn klar ist, wie Konjunkturpaket und der Haushalt für Europa insgesamt aufgestellt sind. Um das seriös beurteilen zu können, muss Olaf Scholz da nacharbeiten.
Wie ist ihre Haltung zur Grundrente – ist sie noch finanzierbar?
Die CDU steht zur Grundrente. Menschen, die jahrzehntelang für niedrige Löhne gearbeitet haben, müssen mehr haben, als wenn sie nicht gearbeitet hätten. Es ist Aufgabe des SPD-Arbeitsministers, die offenen Fragen zur Finanzierung und zur Bedarfsfeststellung wie vereinbart zu beantworten.
Vor allem Familien leiden unter der Corona-Krise, psychisch wie finanziell. Vernachlässigt die Politik dieses Problem?
Was Familien derzeit leisten, ist enorm und hat meinen vollen Respekt. Ob das die Betreuung von Kleinkindern oder das Homeschooling ist. Und ich verstehe jede Familie, die sich sehr darüber freut, dass der Spielplatz an der Ecke wieder geöffnet ist. Da, wo wir finanziell helfen können, haben wir das getan: Wer nicht arbeiten gehen konnte wegen der Betreuung kleiner Kinder, hat Anspruch auf Lohnfortzahlung. Bisher sind das für sechs Wochen 67 Prozent des Nettoeinkommens. Das war und bleibt notwendig. Ich will deshalb, dass wir diese Hilfe im Rahmen des Konjunkturpaktes bis zum Ende des Jahres fortsetzen und darüber hinaus auch die Bezugsdauer von sechs auf zehn Wochen erhöhen.
Interview: Hagen Strauß