Berlin/Potsdam – Nach dem Rauswurf des Brandenburger Landeschefs Andreas Kalbitz aus der AfD ist ein offener Machtkampf zwischen dem rechtsnationalen Parteiflügel und den Unterstützern des Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen entbrannt. „Die Spaltung und Zerstörung unserer Partei werde ich nicht zulassen – und ich weiß, dass unsere Mitglieder und unsere Wähler das genauso sehen wie ich“, sagte der Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke. Wer sich in einem parteiinternen Konflikt auf Argumente von „Parteigegnern“ berufe, der begehe „Verrat an der Partei“, sagte Höcke. Meuthen und Parteivize Beatrix von Storch warf er vor, sie wollten die AfD so verändern, dass sie keine echte Alternative zu den etablierten Parteien mehr wäre.
Meuthen konterte: „Ein Landesvorsitzender, der erst vor wenigen Wochen wörtlich ankündigte, ihm missliebige Mitglieder aus der Partei ,ausschwitzen‘ zu wollen“, sollte besser sein eigenes Verhalten hinterfragen anstatt anderen wegen eines satzungsgemäßen Beschlusses ,Verrat an der Partei‘ vorzuwerfen.“ Kalbitz selbst rief seine Anhänger auf, die AfD nicht zu verlassen. „Ich bitte Euch herzlich: Tretet nicht aus, wir machen natürlich weiter. Die Verantwortung für unser Land ist wichtiger als einzelne Personen.“ Er werde sich juristisch gegen den Rauswurf zur Wehr setzen und sei „zuversichtlich, dass wir in Brandenburg auch in Zukunft wieder weiter an diesen Erfolg anknüpfen werden.“
Der Bundesvorstand der AfD hatte seine Mitgliedschaft am Freitag per Mehrheitsbeschluss für nichtig erklärt. Hintergrund sind frühere Kontakte im rechtsextremen Milieu. In dem Beschluss hieß es, die Mitgliedschaft sei mit sofortiger Wirkung aufgehoben, „wegen des Verschweigens der Mitgliedschaft in der „Heimattreuen Deutschen Jugend““ (HDJ) und „wegen der Nichtangabe seiner Mitgliedschaft“ bei den Republikanern. Der 2013 von Kalbitz eingereichte Antrag auf Mitgliedschaft in der AfD ist aber wohl nicht mehr auffindbar.
Kalbitz galt neben Höcke als wichtigster Vertreter der rechtsnationalen Strömung in der Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextreme Bestrebung beobachtet wird. Da er Beisitzer im Bundesvorstand war, wäre für seinen Einspruch nach Einschätzung eines Vorstandsmitglieds das Bundesschiedsgericht der Partei zuständig.
Meuthen zog auch die Zukunft von Kalbitz als Fraktionschef im Landtag von Brandenburg in Zweifel. „Ich kann mir schwer vorstellen, einen Parteilosen als Fraktionsvorsitzenden zu haben, aber letztlich muss das die Fraktion in Brandenburg selbst entscheiden“, sagte er. Die Geschäftsordnung der Fraktion sieht in der Fassung vom 21. April 2020 vor, dass Abgeordnete, deren AfD-Mitgliedschaft beendet wurde, auch nicht mehr der Fraktion angehören – damit wäre Kalbitz nicht mehr Vorsitzender. In der Fraktion gibt es allerdings Überlegungen, die Geschäftsordnung am Montag zu ändern und ihn dann erneut zum Vorsitzenden zu wählen. Kalbitz selbst will Fraktionschef bleiben.
Der Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, kritisierte Meuthen im ZDF scharf: Er habe ihm persönlich dringend von einem Kalbitz-Parteiausschluss abgeraten. „Sehr besorgt“ habe ihn, „dass Meuthen vor kurzem noch eine Spaltung der AfD wollte“.