Abbas kündigt alle Abkommen mit Israel und USA

von Redaktion

Der Palästinenserpräsident begründet seinen Schritt mit den umstrittenen Annexionsplänen für das Jordan-Tal

Ramallah – Die Palästinenser-Führung treibt die Aufkündigung aller Vereinbarungen mit Israel und den USA voran. Wie die offizielle palästinensische Nachrichtenagentur Wafa gestern meldete, beauftragte Ministerpräsident Mohammed Schtaje sein Kabinett damit, den Beschluss zur Auflösung aller Abkommen umgehend umzusetzen.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte die Maßnahme zuvor angekündigt und mit den Annexionsplänen Israels im besetzten Westjordanland begründet. Israels Außenministerium äußerte sich bislang nicht dazu, die USA bedauerten die Entscheidung. Abbas hatte in der Vergangenheit ähnliche Drohungen geäußert, diese aber bisher nicht umgesetzt.

Israels Regierung will in Übereinstimmung mit dem Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump jüdische Siedlungen und das strategisch wichtige Jordan-Tal im Westjordanland annektieren. Die Palästinenser lehnen das ab. Die Pläne sind auch international höchst umstritten. Von Juli an könnten die Pläne dem Parlament zur Billigung vorliegen. Unklar ist noch, ob Israel dies tatsächlich so schnell tun will.

Russland rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Es sollten keine Schritte unternommen werden, die zu einer „neuen, gefährlichen Eskalation“ in der Region führen könnten, erklärte das Außenministerium. Es warnte Israel erneut „vor der Umsetzung einseitiger Pläne“.

Der Wafa-Meldung zufolge sagte Schtaje Abbas die volle Unterstützung der Regierung zu. Die Annexionsankündigung Israels nannte er demnach eine Verletzung bilateraler Abkommen und internationalen Rechts. Abbas zufolge soll die Aufkündigung auch die Zusammenarbeit von israelischem Militär und palästinensischen Sicherheitskräften betreffen. Letztere unterstützten Israel bislang unter anderem bei Razzien und Anti-Terror-Einsätzen im Westjordanland. Sollten sie dies nicht mehr tun, drohen mehr Anschläge und Angriffe von Extremisten auf Israelis.

US-Außenminister Mike Pompeo hofft auf einen Fortbestand der Sicherheitsabmachungen. Der US-Präsident habe einen Friedensplan vorgelegt, der auch im besten Interesse für die Palästinenser sei. Er hoffe, dass die palästinensische Führung dies einsehen werde.

Trumps Plan sieht rund 70 Prozent der Fläche des Westjordanlandes für die Palästinenser vor. Die israelischen Siedlungen mit hunderttausenden Israelis sollen aber bleiben. Außerdem würden die Palästinenser zumindest zunächst keine Sicherheitskontrolle über ihre eigenen Grenzen erhalten. Jerusalem soll ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben.

Abbas hatte den Plan umgehend zurückgewiesen. Israel hatte das Westjordanland und Ost-Jerusalem während des Sechstagekrieges 1967 erobert. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat – mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

Ein führender Oppositionspolitiker in Israel warnte vor einem neuen Aufstand der Palästinenser, sollte die israelische Regierung Ernst machen mit ihren Annexionsplänen. Eine dritte Intifada wäre dann nur eine Frage der Zeit, sagte der Vorsitzende der Vereinigten Arabischen Liste, Aiman Auda, dem Nachrichtenportal „ynet“. Während der ersten Intifada von 1987 bis 1993 verloren etwa 2200 Palästinenser und 200 Israelis ihr Leben. Bei der zweiten Intifada (2000 – 2005) starben mehr als 3500 Palästinenser. Mehr als 1000 Israelis kamen bei Anschlägen von Palästinensern um.

Der designierte demokratische Herausforderer Trumps bei der Präsidentenwahl im Herbst, Joe Biden, lehnt dessen Plan ebenfalls ab. Bei einer Wahlkampfveranstaltung mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde per Video-Schalte sagte Biden, er würde die Entscheidungen von Trumps Regierung in dieser Frage rückgängig machen, falls er ins Weiße Haus einziehe. SARA LEMEL

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