Berlin – Führende Unionspolitiker haben den deutsch-französischen Milliarden-Plan zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft nach der Corona-Pandemie verteidigt. „Dieser Vorschlag ist aus meiner Sicht in einer historischen Situation, in der der europäische Zusammenhalt auf die Probe gestellt wird, die richtige Antwort“, sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer „n-tv.de“.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, es gehe jetzt um eine „Sondersituation, wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr hatten“. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte, dass der Plan Zuschüsse statt rückzahlbare Kredite für Krisenstaaten wie Italien vorsieht: „Weitere Kredite an die Mitgliedsländer wären hingegen Steine statt Brot gewesen, denn eine Reihe von ihnen ist jetzt schon hoch verschuldet“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten jüngst ein Konzept für einen Wiederaufbauplan nach der Coronavirus-Pandemie im Umfang von 500 Milliarden Euro unterbreitet. Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande legten am Wochenende mit einem Gegenentwurf nach. Die Positionen liegen weit auseinander. Im Kern geht es um die Frage, ob Hilfen letztlich zurückgezahlt werden müssen.
Schäuble sagte, als Finanzminister habe er immer darauf geachtet, dass „die Zuständigkeit für Entscheidungen nicht von der Verantwortung dafür abgekoppelt wird“. „Und deshalb vergemeinschaften wir jetzt auch nicht alte Schulden, sondern die EU-Kommission soll den wirtschaftlichen Wiederaufbau in Europa vorantreiben.“
Brinkhaus argumentierte, es gehe nicht um eine generelle Vergemeinschaftung von Schulden. Das italienische Parlament könne nicht einfach ein Haushaltsdefizit beschließen, das dann von Europa übernommen werde. Die EU bestimme, wofür das Geld ausgegeben werde – der nationale Gesetzgeber hafte für seine Entscheidungen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt regte unterdessen an, die beiden konkurrierenden Vorschläge zu kombinieren. Beide Entwürfe bewegten sich „innerhalb der europäischen Verträge“, zitierte die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ ihn. Deswegen könnte „eine Kombination der beiden Vorstellungen, ohne das Finanzvolumen zu erhöhen, ein Weg sein, um die europäische Solidarität und den Zusammenhalt zur Bewältigung der Corona-Krise zu stärken“.
Offensive Kritik am Merkel-Macron-Plan kommt dagegen aus der FDP. „Dass die Niederlande und Österreich nicht mitmachen wollen, ist ein Warnzeichen für uns“, sagte Parteichef Christian Lindner der „Bild am Sonntag“. „Ein falscher Anreiz zu unsolider Finanzpolitik könnte darin bestehen, dass die Gelder nicht zurückgezahlt werden müssen.“ Lindner geht aber davon aus, dass der Bundestag einem solchen Vorhaben am Ende mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen müsste. Die Bundesregierung müsse bald das Gespräch mit dem Parlament suchen.
Der FDP-Fraktionsvize im Bundestag, Christian Dürr, würde den Vorschlag Österreichs und seiner Verbündeten gerne zur „Basis für den Wiederaufbauplan nach der Corona-Krise“ machen. „Während Merkel und Macron den Weg für eine dauerhafte Neuverschuldung freimachen wollen, bestärken die vier Staaten geltendes europäisches Recht“, sagte er. „Neue Schulden unabhängig von Krisen und Notsituationen wären verantwortungslos und höchstwahrscheinlich auch nicht vereinbar mit den EU-Verträgen.“ dpa