Sollen Online-Plattformen in die Meinungsäußerungen ihrer Teilnehmer eingreifen? Twitter hat lange zugesehen und erst bei den jüngsten, allzu dreisten Lügen von US-Präsident Donald Trump zur Briefwahl einen Warnhinweis angebracht. Trump reagierte – wie bei Zweifeln an der präsidialen Unfehlbarkeit üblich – tobend und bekam nun Zuspruch von Facebook-Chef Mark Zuckerberg.
Dessen Argumente sind nicht von der Hand zu weisen. Eine Diskussions-Plattform sollte besser nicht Schiedsrichter sein. Wenn regierungsnahe deutsche Medien Kritik an der Regierung einem Faktencheck unterziehen und die wichtigsten Regierungsberater als letzte Instanz heranziehen – ist das Ergebnis oft nur noch peinlich und alles andere als ein Ausweis medialer Qualität.
Doch der Anspruch der sozialen Netzwerke ist ein anderer: Sie könnten ein offenes Forum für Meinungsvielfalt sein. Doch sie sind es meist nicht, weil sie es ihren Nutzern ermöglichen, sich nur in ihren persönlichen Vorurteils-Biotopen zu bewegen. Gegenargumente und offener Austausch: Fehlanzeige. So befördert man Verschwörungstheorien und weltanschaulichen Wahn. Wenn ein Egomane wie Trump die sozialen Medien nutzt, um die ohnehin gespaltene US–Gesellschaft immer weiter zu entzweien, ist das nicht nur ein Problem der USA. Es wäre ein Totalschaden für die freie Welt, die Gefahr läuft, ihr wichtigstes Lebenselixier zu verlieren: den offenen Diskurs.
Martin.Prem@ovb.net