Paris – Die französische Justiz hat eine Untersuchung gegen den zurückgetretenen Premierminister Edouard Philippe und zwei ehemalige Minister wegen ihres Umgangs mit der Corona-Pandemie eingeleitet. Wie die Staatsanwaltschaft am Freitag mitteilte, waren zuvor neun Beschwerden gegen die Regierungsmitglieder für zulässig erklärt worden. Die Vorwürfe richten sich neben Philippe auch gegen die ehemalige Gesundheitsministerin Agnès Buzyn und ihren Nachfolger Olivier Véran. Seit Beginn der Pandemie war die Regierung heftig kritisiert worden, insbesondere wegen eines Mangels an Schutzmasken.
Zahlreiche Anschuldigungen wurden erhoben, unter anderem wegen Totschlags und Gefährdung von Menschenleben. 90 Beschwerden gingen beim Gerichtshof der Republik (Cour de Justice de la République, CJR) ein, neun wurden nun zugelassen.
Die Beschwerden wurden in einer Untersuchung zusammengefasst, die vom CJR geleitet wird. Ermittelt wird nun wegen eines möglichen Versagens bei der Bekämpfung einer Katastrophe. Eingereicht wurden die Beschwerden unter anderem von Ärzten, Vereinen und Strafgefangenen. Der CJR ist das einzige Gericht, das Regierungsmitgliedern für ihr Handeln im Amt den Prozess machen kann. Staatschef Emmanuel Macron kann jedoch wegen seiner Politik juristisch nicht belangt werden.
Parallel waren auch gegen weitere Verantwortliche Beschwerden wegen Fehlverhaltens und Versäumnissen in der Corona-Krise eingereicht worden, unter anderem gegen den Generaldirektor für Gesundheit, Jérôme Salomon, und die nationale Gesundheitsbehörde.
Die Pariser Staatsanwaltschaft hatte im Juni eine große Voruntersuchung eingeleitet. „Dies ist das erste Mal, dass Beschwerde eingereicht wurde, während eine Krise noch in vollem Gange ist“, so die Staatsanwaltschaft.