München – Man kann sagen, dass sich Markus Söder am Wochenende recht kräftig abgestrampelt hat. Erst mal privat, am Samstag bei einer Radtour durch hügelige Nebenstraßen in der Oberpfalz. Ein Selfie zeigt ihn bei Neumarkt, gut getarnt mit Sonnenbrille und weißblauem Helm. Am Sonntag strampelte er dann politisch, mit einem Interview für eine Zeitung in Berlin. Man muss sagen, dass er auch da ziemlich hart in die Pedale getreten hat. Oder, um im Bild zu bleiben: sich aus dem Windschatten löst und ein paar Kollegen unsanft ausbremst.
Im „Tagesspiegel am Sonntag“ äußert sich der CSU-Chef deutlich zur K-Frage. Noch immer meldet er keine eigenen Ambitionen an. Aber erstmals formuliert er Bedingungen, wer zum Kandidaten taugt. Der künftige Unionskandidat müsse sich in der Corona-Krise bewiesen haben, macht er klar. Wer dabei versage, habe „keinen moralischen Führungsanspruch“. Und: „Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen.“
Das ist mehr als ein Rempler gegen alle drei offiziellen CDU-Kandidaten. Von Armin Laschets Krisenmanagement in Nordrhein-Westfalen ist Söder absolut nicht überzeugt – zu spät reagiert, zu schnell geöffnet, zu lax getestet. Friedrich Merz und Norbert Röttgen, die anderen beiden Bewerber, sind gar nicht in Regierungsverantwortung, ersterer stand sogar noch nie an der Spitze einer Behörde.
Knapp ein halbes Jahr vor der Wahl des neuen CDU-Parteivorsitzenden bringt Söder damit ordentlich Schwung in den Führungswettstreit. Namentlich nennt er keinen der Bewerber, macht aber deutlich, dass er sie nicht für geeignet hält. Sein Ziel dabei ist für Außenstehende noch verschwommen: Nach den Maßstäben, die er in seinem Interview aufzählte, hielte er sich wohl für Pflicht wie Kür geeignet; gleichzeitig gibt es Spekulationen, Söder könnte Jens Spahn (CDU) ein Stück anschieben wollen. Der Bundesgesundheitsminister, bisher im Team mit Laschet gebunden, ist ja einer der Aktivposten in der Corona-Politik des Bundes. Halblaut wird in der CDU geraunt, vielleicht löse er sich von Laschet, trete selbst als Parteichef an – mit oder ohne den in Umfragen weit führenden Söder als Kanzlerkandidaten.
Das K-Rennen ist nun, zum Start der Sommerpause in Berlin, voll im Gange. Laschet betonte bei einer Pressekonferenz vergangene Woche, es sei „sicherlich von Vorteil, schon einmal eine Wahl gewonnen zu haben“ – auch ein Gruß an Merz. Und, in Richtung Söder: Er nehme ihn beim Wort, in Bayern bleiben zu wollen. Auch Merz äußert sich in diese Richtung. Söder habe „mehrfach gesagt, dass sein Platz in Bayern ist, wo er ja gerade in der Corona-Krise auch einen klasse Job macht“, sagt er der „Augsburger Allgemeinen“.
In der CDU wächst die Sorge, sich mit der K-Debatte selbst die guten Umfragewerte zu zerreden. Die noch amtierende Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer bemüht sich nun, die Aufregung zu lindern. Sie sagte am Sonntag, derjenige, der im Dezember auf dem Parteitag antrete, trete auch an, weil er Kanzlerkandidat werden wolle. Es sei dann Sache des neuen Parteichefs, mit der CSU zu den Abläufen zur Kanzlerkandidatur zu reden. Sie geht derzeit von einer Kampfkandidatur um ihre Nachfolge aus. Sie sagte im ARD-Sommerinterview: „Es gibt in der Tat in der Partei einen breiten Wunsch, dass es möglichst ohne Kampfkandidaturen abgeht.“ Sie habe aber keine Signale der drei Kandidaten, dass irgendjemand auf eine Kandidatur verzichte.
Für die Union käme eine Festlegung 14, 15 Monate vor der Wahl auch recht früh. Zumal die Lage auch bei SPD und Grünen noch wackelig ist. Man rechnet mit Kanzlerkandidaturen von Olaf Scholz und Robert Habeck, Festlegungen gibt es aber noch nicht.
Heute geht das Strampeln und Treten in der Union womöglich weiter: Am Vormittag tagen in Berlin und München, teils virtuell, die Vorstände von CDU und CSU.