München – Es war eine dieser Corona-Sonderregeln – jetzt entwickelt sich daraus eine generelle Debatte. Weil der Landtag zuletzt quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen musste, wurden sogar die Ausschusssitzungen im Internet übertragen. Es war ein Blick ins Herz des Parlaments: Denn während im Plenum oft Schaufenster-Debatten geführt werden, findet die eigentliche Arbeit in den Ausschüssen statt. Sonst schauen nur eine Handvoll Besucher den Abgeordneten über die Schulter – jetzt konnte man sogar von Aschaffenburg aus zusehen.
Dies möchte die Opposition zur Dauereinrichtung machen, vor allem aus der CSU kommt aber Widerstand. „Ein transparentes Parlament ist ein besseres Parlament“, sagt Matthias Fischbach, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP. Gemeinsam mit Grünen und SPD hat er deshalb eine Initiative gestartet, die Regelung, die mit der Sommerpause ausläuft, zur Dauereinrichtung zu machen. Schließlich hätten bei Ministerberichten bis zu 100 Menschen online zugeschaut.
In der CSU verfolgt man den Vorstoß mit Skepsis. „Wir halten es nicht für richtig, jede Arbeitssitzung zu streamen“, sagt Tobias Reiß, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU. Bedenken kommen vor allem aus dem Petitionsausschuss. Viele Petitenten hätten kein Interesse, dass ihr Anliegen öffentlich diskutiert werde. Diesem Persönlichkeitsschutz müsse man Rechnung tragen. Ludwig Hartmann (Grüne) rügt das „alte Hinterzimmerdenken“, das dieser Haltung zugrunde liege. „Mit diesem intransparenten Politikstil befördern die Regierungsfraktionen Mythenbildung und Politikfeindlichkeit.“
Dabei sehen die Freien Wähler das Vorhaben weniger kritisch als der Koalitionspartner CSU. Ihr Geschäftsführer Fabian Mehring will deshalb die Rolle des Vermittlers einnehmen. Im letzten Drittel der Sommerpause wolle man sich zusammensetzen und an einer Lösung basteln. „Ich denke, dass wir irgendwo dazwischen einen Weg finden“, sagt Mehring. Also nicht volle Transparenz, aber doch etwas mehr als vor Corona. MIKE SCHIER